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Makarios in Nöten

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Erzbisciiof-Präsident Makarios von Zypern, der sich auf der Commonwealth-Konferenz in Singapur wieder einmal mit all seiner Diplomatie zwischen Gegnern und Befürwortern Südafrikas hindurdischlängelte, hat zu Hause immer drüdcendere Sorgen. Als gesdiicfcter Außenpolitiker ist er imstande, von Tanzania bis Malawi als panafrikanisciier Neutrallstenfreund zu gelten und daraus ^ößten Nutzen fü? die von ihm stark geförderte orthodoxe Afrikamission zu ziehen, während gleichzeitig die zyprisch-orthodoxen Diasporagemeinden in Südafrika und Rhodesien zu den Befürwortern der Rassentrennung zählen. Doch versagt dieses Doppelspiel bei der Ausbalancierung der griediisch-türki-sciien Nationalitätengegensätze auf Zypern. Die sich vertiefende politische Spaltung der griechi.^chen Bevölkerungsmehrheit macht Makarios III. zusätzlich zu sciiafEen, so daß er sich mit dem Gedanken trägt, sein Amt in neuen Präsidentenwahlen mit größeren exekutiven Vollmachiten ausstatten zu lassen. Während die direkten griechisch-türkisciien Volksgruppengespräche in Nikosia seit Monaten festgefahren sind und weder die griechische noch die türkische Regierung wirksam bei der Entwirrung des Problemknotens helfen können, muß Makarios seit Juli 1970 mit einem praktisch arbeitsunfähigen Parlament regieren, in dem die „Einheitspartei” des Erzbiscijofs ihre Mehrheit verloren hat und von rechts die nationalistisch angehauchten „Progres8i\-en”, vom sehr stark gewordenen linken Flügel aber Liberaldemokraten und kommunistiscäi geführte AKEL-Marxisten danach drängen, den politischen Kurs zu bestimmen. Da es sich bei Makarios Kabinett um eine Fachleuter^erun« ohne erklärte Parteibindimg handelt, konnte sich der Präsident heute auf die eine und morgen auf die andere Form der Mehrhedtsboldung stützen, indem er bald die Arbeiter- und Klednbauem-vertreter des AKEL, bald die bürgerlichen „Progressiven” das Zünglein an der Waage spielen ließ. Das kostete Kompromisse naäi beiden Seiten, den letzten und folgenschwersten an seinem Namenstag, dem 19. Jänner. Die im stillen an der Vereinigung Zyperns mit Griechenland festhaltenden Progressiven hatten auf die Begnadigung der nach Morden, Mordanschlägen und Terrorakten abgeurteilten Guerillas der „Nationalen Front” gedrängt, die das türkische Minderheitsproblem und die zyprisciie Anschlußfrage mit Gewalt zu lösen versucht. Tatsächlich ließ Makarios 32 Nationalfrontisten auf freien Fuß setzen, obwohl diese Organisation unmittelbar davor die Ausweitung ihres Kampfes auf die UN-Truppen und -Polizisten Zyperns bekanntgegeben und Entführungsdrohungen gegen hohe Beamte der Vereinten Nationen in Nikosia aus-gesprcxhen hatte.

Das Budget für 1971, das mit verstärkten Investitionen für Handel und Gewerbe die „progressiven” Stimmen sichern sollte, wäre um ein Haar im Vorstand der Einheitspartei zurückgewiesen worden, weil es den sozialen Sektor vernachlässigte, dessen unbefriedigende Bewältigung angesichts von Preisauftrieb und Arbeitslosdigkeit sich schon wiederholt in Streikwellen ausgewirkt hat. Das Nächstliegende wäre d’e Parlamentsauflösung mit Neuwahlen gewesen, für die sich eine gekoppelte Liste von Einheitspartei, Liberaldemokraten und Kommunisten — wie schon bei den Präsidentenwahlen von 1968 — anzubahnen schien. Aber zuverlässige Meldungen aus Athen, daß General Grivas als Führer einer Koalition aller

Makarios-Gegner und Anschluß-freunde nach Zypern zurückkehren wolle, das er als militärischer Oberbefehlshaber 1967 auf türkisches Verlangen räumen mußte, hielten Makarios rasch von diesem Experiment ab, dessen Ausgang für ihn äußerst zweifelhaft geworden wäre. Bei den Juliwahlen hatten sich die Grivas-Anhänger nämücii der Stimme enthalten, die Zahl der Enthaltungen hätte jetzt zpsammęp mit dem kleinen Stimmenanteil der auf der Linie des griechisdion Regierungschefs Papadopoulos liegenden „Nationaldemokraten” und bei den „Progressiven” zu erwartenden Zuwachs für eine absolute Mehrheit der Grivas-Partel ausgereicht. So denkt Makarios nur noch an Präsidentenwahlen, die zugleicii eine Volksabstimmung über die Vermehrung seiner Befugnisse der Kammer gegenüber werden sollen. Wenn es um seine Person geht, glaubt der Erzbischof immer noch, jeden Gegner ausstechen zu können, selbst wenn es EOKA-Held Grivas sein sollte.

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