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Christoph Wilhelm Aigner nähert sich in seiner "Logik der Wolken" Natur und Alltag an.

Märzmorgenblau mit Flügelstimmen." In seinem neuen Prosaband bietet Christoph Wilhelm Aigner ein synästhetisches Eintauchen in Natur und Geist. Poetisch unterfüttert tun sich Himmel und Landschaften auf, vermutlich Gegenden Italiens, in denen der gebürtige Oberösterreicher zur Zeit lebt. Natur- und Alltagswahrnehmungen, oft torsohaft oder gebündelt zu surrealen Bildern im Gleichklang mit Notaten, Gedanken, aphoristischen Bemerkungen und Standpunktformulierungen.

Als Leser dieses Buches fühlt man sich an der Seite eines genauen Beobachters. Deutlich wird, dass poetische Assoziation sich mit intensiven Sinneseindrücken mischt. Als globale Metapher leuchtet dabei die Betrachtung der Wolken aus dem Text. Irgendwo zeigen sie sich windverschliffen, illuminiert vom Vollmondlicht, gehobelt in Flocken am verwackelten Himmel. Sie sind faszinierende Rippen, Ringe, manchmal ein Gebüsch oder ein Brei, bizarr mutet eine "wurmstichige morsche Komposition am Horizont" an: "Bohrt jetzt ein Sonnenfinger drin und Gewebeteile fallen heraus."

Aber nicht nur Wolkenformationen werden metaphorisch leichtfüßig in Worte gefasst ("Die Wolken, die da in sich nässend hingen, wurden von Lichtgabeln gehoben und gewendet, und liegen nun locker in der Luft"), sondern die Natur allgemein präsentiert sich im fein gestuften Wahrnehmungsbild. Alles wird zum Schreib- und Erkenntnismaterial, weil "sehen denken heißt": "In Sichtkontakt mit den Fänomenen sein, für die ich Wörter zu entdecken und anzureichern versuche", heißt es einmal. Aigner, der bislang Erzählungen und einige Lyrikbände verfasst hat, liebt das Detail und gewinnt seine Wahrnehmung über verschiedene Antennen im Zerdehnen des Augenblicks. Man liest von "knatternden Lichtstümpfen", vom Fließen buttergelben zerlassenen Lichts, vom "zarten Thorax" eines Nachtbildes". Dann wieder "wütet der Mond in den Wolken, Blätter springen von den Ästen und fahren wie Geschoße ab in die Dunkelheit". Wer hat schon gewusst, dass "die Sträucher noch am späten Vormittag Wasserknospen tragen", wenn die Nacht "mit nassem Mieder ging". Aigner findet für seine Beobachtungen durchwegs eine unkonventionelle poetische Sprache, die imponiert. Gleichzeitig ist ihm aber auch ihre Unzulänglichkeit bewusst: "Einen reinen Glücksmoment mit Sprache wiederzugeben ist so möglich, wie die Farben des Regenbogens auf Papier zu malen." Andernorts stellt er fest: "Je tiefer man die Welt geistig durchdringen will, desto mehr Worte entgleiten uns."

Seine aphoristisch gehaltenen Notate und Reflexionen kreisen vor allem um Kunst, Sprache und menschliche Situationen. Lapidare Formulierungen mit Erkenntniswert: "Wer keine Niederlage kennt, ist verloren." Und so manchen Satz beginnt man gern sich einzuprägen: "Die Kultur eines Volkes wird erst genießbar, wenn sie mit den Kulturen anderer Völker angereichert ist."

Aigners Logik der Wolken verblüfft durch den Blick hinter die Realität und durch die Beiläufigkeit, mit der er sich in die Zwischenräume des Lebens senkt.

Logik der Wolken

Von Christoph Wilhelm Aigner

Deutsche Verlagsanstalt, München 2004. 144 Seiten, geb., e 18,40

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