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Kapitolinische Gänse von Gibraltar

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SPANISCCHE ROMANZE von Friedrich Wallisch, Paul Zsolnay-Verlag, Wien- Hamburg, Jubiläumsausgabe, 92 Seiten, Preis S 28.—.

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SPANISCCHE ROMANZE von Friedrich Wallisch, Paul Zsolnay-Verlag, Wien- Hamburg, Jubiläumsausgabe, 92 Seiten, Preis S 28.—.

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Eine Romanze! Wie wohltuend in dieser unromantischen Zeit! Geben wir es doch ruhig zu, daß wir uns, überfüttert von der Literatur des ewigen Sonnenunterganges, nach dem wannen Licht des menschlichen Herzens sehnen!

Maria Amalia von Sachsen, die Gemahlin Karls III. von Spanien, eines sowohl aufgeklärten wie abgeklärten Monarchen, begibt sich durch einen Eid. den sie aus leidenschaftlicher Liebe zu Spanien voreilig ablegt, in höchste Lebensgefahr. Es gilt, den von den Briten belagerten Felsen von Gibraltar zuirückzu- erobern und „einen Stachel aus dem Fleische Spaniens zu reißen“. Ein kühner Handstreich mißlingt: Tapfere junge Spanier erklimmen nachts die übermächtig steile Felswand, doch werden sie knapp vor dem Ziel durch das jämmerliche Geschrei der am Felsen hausenden Affen an den Feind verraten und von diesem zu- rückgeschlagen.

In einer gewandten und amüsanten Erzählersprache und in schillernden Dialogen vergleicht der Autor dieses Geschehnis mit der Vertreibung der Gallier vom kapitolinischen Hügel. Die Gänse retteten das Kapitol — die Affen Gibraltar. Aber die Königin meint: „Die Gallier wurden durch die Göttin Iiuno überwältigt.“ Und so will sie, die Königin, eine Tat für Spanien setzen. — An der Seite ihres jungen, ritterlichen Kam- merhermi, ihres halibsächsischen Landsmannes, des Grafen Gonzalo von Naumiburg-Zeits, begibt sie sich an den Schauplatz der Handlung dieser Romanze, der eine alte Überlieferung zugrunde liegt. Über Valdepeñas am Fuß der herrlichen maurischen Alhambra führt uns der Autor in den südlicheren Bereich der großen spanischen Feldlager mit dem Ausblick auf den Felsen von Gibrai-

tar. Hier, auf einem Hügel hinter La Linea, will die Königin ihrem Eid gemäß so lange stehen, bis sie die Fahne Spaniens wieder über Gibraltar wehen sieht. — Vor der Szene einer dramatischen nächtlichen Kriegssituation bahnen sich nun zärtliche Beziehungen zwischen dem jungen Offizier und der von ihm geliebten mütterlichen Herrscherin an. Durch eine listige, kühne Tat, die selbst dem Feinde Hochachtung a.b-

ringt, befreit Gonzalo die Königin von dem Konflikt ihres Eides und rettet so ihr Leben.

In einer dem feinen Motiv angepaßten, virtuosen Form verbindet Friedrich Wailisch Historie und Romanze und gestaltet in diesem bezaubernd ausgestatteten und zu einem wahren Juibiläumspreis von 28 Schilling erhältlichen Bändchen eine genußreiche Lektüre als neue Bereicherung seines vielseitigen literarischen Oeuvres. Eine wahre Freude fürs Auge und für das ach so unmodern gewordene menschliche

Herz. _

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