…hineinhuschen in einen Hausflur, in einen dunklen Gang, hinter der Türe stehen, auf Schritte horchen, die auf das Pflaster klopfen, hart, wie das Klopen des Herzens, sie kommen näher, zur Türe, verhallen…Damals war ein Glöckchen dabei und der alte Mesner mit dem Gewächs über der Stirn, es war groß wie ein Ei und hautfarben, harmlos, sagte mein Vater, ich hätte es gerne betastet, hinter dem Mesner ein Priester im Chorrock, ich sah, wie ein alter Mann den Hut abnahm und niederkniete, auf die Gehsteigkante, er stützte sich dabei auf seinen Stock und der Priester segnete ihn mit der
Verzeihe, lieber Automensch, wenn ich unter Parkplatz nicht das temporäre Standquartier deiner geliebten Maschine verstehe. Vergib mir auch, wenn ich dich als „Automensch” an- rede. Eigentlich müßte ich „Mitmensch” sagen. Aber, sieh, das setzt soviel Gemeinsames, ja Geschwisterliches voraus; und welche Kluft tut sich zwischen dir und mir schon bei der bloßen Assoziation auf, die das Wörtchen „Parkplatz” ‘auslöst. Wahrscheinlich bist du das Bild jenes Menschen, den unsere Epoche zeichnet, während sie mich mit Unbehagen anrührt. „Die Welt, die wir verlassen” — wie das
In einem offenen Brief an die Arne' rikaner schrieb einst Jean Cocteau: „Ich weiß, wir leben in einem Hühnerstall und Ihr in einem Badezimmer. Aber seit Ihr den Wasserträger verdrängt und die Waschschüssel an die Wände Eurer Zimmer genagelt habt, ist es aus mit der Kultur.“Die Versorgung mit Trinkwasser auf den dalmatinischen Inseln wir in meiner Jugendzeit, also vor Beginn des zweiten Weltkrieges, noch mittelalterlich. In Comisa galt der öffentliche Brunnen vor der Kirche Maria Korsariea zwar als künstlerische Sehenswürdigkeit der Renaissance, aber als Wasserspender hatte er
In diesem kleinen, weißen Krankenzimmer, das kein konfektioniertes Entzücken auslöst, haben Sie meine grausamen Zeiten, haben Sie mein Leben, in dem der Sonnenhimmel eingestürzt, mein Selbst verfremdet war und die Nacht immerfort am Tag wohnte, wieder zu dem gemacht, was es einmal war: ein Dasein der Harmonie meiner Existenz mit meiner Welt; eine heikle und komplexe Aufgabe; ist doch das Wirken des Arztes durch den Verfall der inneren Ausgeglichenheit des Patienten, durch seine Krise, wesentlich erschwert. Ich war so müde, wie man es durch Alter kaum werden kann. Die „große“
Ich wohne zur Sommerfrische in einem kleinen Dorf und trete eben vom „Kirchenwirt”, wo ich mein Nachtmahl eingenommen habe, hinaus in die alte, schmäle Gasse, über deren Giebeln schief und seltsam der Mond steht. Wie unwichtig ist ein mißlungenes Geschäft gegen das Glück eines solchen Abends, fern von der Einsamkeit der Stadt! Am Anfang der Welt muß die Erde in ähnlicher Stimmung aufgetaucht sein!„Störet mir ja nicht den Frieden der Liebenden”, scheint der große Menschenfreund da oben angesichts einzelner Pärchen in der Weirtlaube zu sagen, während ein Zeitungskolporteur mit
Wissen Sie ungefähr, wie hoch der Monatswechsel einer Studentin aus kleinen Verhältnissen ist? Nein, das wissen Sie nicht! Ich weiß, daß Sie es nicht ahnen und daß es Ihnen auch gleichgültig ist, sonst hätten Sie einen Blick, einen einzigen Blick aus Ihren Falkenaugen auf mich geworfen. Georges des Coüfon-taine, auf mich, die ich bei der Festpremiere im Großen Haus in der ersten Parkettreihe, eine Armlänge und eine Unendlichkeit von Ihnen entfernt, saß, ich, die ich für diesen Platz meine Wochenapanage gegeben hatte, nur um der Fiktion willen, Ihnen nahe zu sein, um eine kleine
Der junge Pianist liebte Franz Liszl über alles. Man sagte, er sei als Vierjähriger vom letzten Schüler des Meisters im Klavierspiel unterrichtel worden. Wenn Andreas in seinem alten Kinderzimmer am Flügel saßbrannte hinter ihm stets der hohe, silberne Kerzenleuchter, dessen trunkene Flamme Schatten wie flatternde Vögel und feurige Engel an die Wand warf. Er hätte auch im Dunkel gespielt, denn er nahm die Tasten aus Elfenbein und Ebenholz nicht nach ihrer Farbe. Das Lied, das unter dem blutvollen Werkzeug seiner Finger in die Welt kam, entsprang einer Locke, die ohne jede Pose devot und
„Da gibt es Dinge, die man fünfzig Jahre weiß, und im einundfünfzigsten erstaunt man über die Schwere und Furchtbarkeit ihres Inhalts.” Diese Worte Adalbert Stifters treffen in der vollen Kraft ihrer Bedeutung auf die Generation zu, deren Kindheit ungefähr zwischen 1910 und 1920 fällt, auf die unmittelbaren Nachkommen jener „einmaligen” Generation, die zum Teil noch am Leben ist und von der Stefan Zweig sagt, daß sie wie kaum eine im Laufe der Geschichte mit Schicksal beladen war. „Denn es geschieht mir oft, daß, wenn ich achtlos erwähne: .Mein Leben’, ich mich
In jüngeren Jahren war er öffentlicher Ausrufer. Später, ®ls seine gewaltige Stimme auch durch den großen Trichter, das Relikt eines alten Grammophons, nicht mehr genügend Resonanz hatte, uim die InseLbevölkerung von Lissa vor Haifischen und anderen Gefahren erfolgreich zu warnen, wurde er amtlicher Geldausträger. Als soldier hatte er in dem Inselstädtchjen Comisa den dort lebenden 17 Pensionisten des alten Österreich an den Kalenden jedes Monats den Kiuhe- gelhailt ins Haus zu bringen. Auf diesen Amitsrwegen war er zur Restaurierung seiner Kräfte gewöhnlich mit einem Fuß in der
HERZSCHLAG DER ZEITEN. Briefe aus acht Jahrhunderten. Von Johann Zimmermann. Verlag Ehrenwlrth K. G.. Manchen, 1867. 866 Selten. DM 18.76.„Ich erwarte Dich zum Abendessen“, schreibt Petrarca an einen Freund, „aber bedenke, daß hierorts keine Leckerbissen verkauft werden. Es wird ein Essen für Poeten, nicht gerade wie Juvenal und Flaccus, aber wie Vergil sein: ,Reife Äpfel, weiche Kastanien, frisch gemolkene Milch.' An konsistenteren Dingen wirst Du einfach aufgebackenes Landbrot bekommen, einen Hasen, der mir zufällig ins Haus lief, einen Kranich, den man mir aus fernem Lande
In einer Betrachtung. über die Philosophie als die Lehre von der Überwindung des Todes las ich den Satz, daß ein toter Bauer mehr wisse, als ein lebender Philosoph. Dieser habe nur dann etwas vor jenem voraus — und auch nur zeitlich —, wenn er ein wehig von dem, was der Bauer, nachdem er gestorben ißt, in Erfahrung bringt, schon vorher mit einiger Sicherheit vermutet habe.Der italienische Dichter Stecchetti, dessen Sonette Anton Wildgans übersetzt hat, läßt uns die Stimme aus einem Grabe der Via Appia vernehmen. Der hier vor Hunderten von Jahren lächelnd zu den Körperlosen
Dichter, als der Wahrheit und Liebe Verpflichtete, vollziehen — sofem es sich um echte Berufung handelt — heute wie je die höchste, freilich auch die leidvollste Form der Wahrsagung. Ihr Auftrag ist nicht bloß ein künstlerischer und geistiger, sondern auch ein ethischer und religiöser. Im Leiden erleben sie die stärkste Möglichkeit des Gefühls. Das Leid löst ihre Zunge, das Leid singen sie in ihr Gedicht; wie die herrlichste barocke Pestsäule auf Leichen, die großartigsten barocken Kirchen auf der Not der Türkenkriege gegründet sind. Diese Dulder, am Irdischen Leidenden und
Nach all dem, was geschehen war, hatte er seinen Namen vergessen. Sein Gedächtnis setzte aus nach jener Schulszene, als seine Klassenkollegin, die blonde Uta, auf ihn zukam, ihren spitzigen Zeigefinger an seine Brust setzte und sagte: „Du hast schwarze Haare, du mußt sterben.“ Noch am selben Tag kam ein fremder Mann in das Schulzimmer und führte ihn ab. Mit ihm war der Letzte seiner Art gegangen. Zuvor hatte man die beiden Brüder Jakob und David während des Unterrichts aus der Klasse geholt. Sie waren nie wiedergekommen. Auch seine Eltern waren verschwunden, wie sein Gedächtnis. Er
Die Frage Tolstois „Wieviel Erde braucht der Mensch?“ kann nach beiden Extremen hin beantwortet werden, ohne aus dem Grad des Verzichts oder Anspruchs Tugend oder Untugend abzuleiten, wenngleich Ovid bei der Darstellung seiner „Aurea Aetas“ das Fehlen der Reiselust als Tugend preist und Dichter und Denker aller Zeiten bewiesen haben, daß der kleinste Ort ausreicht, um die Welt gründlich kennenzulernen und selbst größten Wissensdrang zu befriedigen. Auf die Frage, warum er Athen nie verlasse, antwortete Sokrates: „Die Bäume lehren mich nichts, wohl aber in der Stadt die
Es gibt Menschen, die eine Zuflucht darstellen. — Sie sind eine Jener Seelen, denen ich mich anvertrauen kann, wie einem guten Priester ... (Bernanos an Jorge de Lima)Die deutsche Sprache hat kein besonderes Wort für das lateinische oder italienische „palma“, womit das Innere der Hand, die Handfläche gemeint ist. Ein italienischer Jugendfreund, der um mein Heimweh nach dem Süden wußte, sandte mir einmal in einem Brief aus Sizilien ein getrocknetes Büschel Origone und schrieb dazu: „Du mußt dieses Kraut mit dem Finger im Handinneren — nella palma delia mano — zermalmen, um ihm
„Du Wahrsagerin, mit Deinem großen Wissen vom Menschlichen“, schreibt Rilke an diese den großen „Damen“ der Antike vergleichbare femme fatale des Fin de siecle und der zwanziger Jahre, der ihre Zeitgenossen mit Enthusiasmus und Abneigung begegneten. Gefeiert und umworben, von den Epochemachern des Geistes und der Kunst bis zur Besessenheit geliebt, von anderen aber, vornehmlich ihren Geschlechtsgenossinnen, gehaßt und verleumdet, wirkt diese geistreiche Abenteuerin in unserer polierten Epoche wie eine Petarde. Wenn Intellekt und Intuition, Religiosität und Rebellion, Mut und Demut,
MiiBig zu gehen, Raum zwischen sich und die eindningende Welt zu legen, um den erstrebten inneren Abstand von auBen her zu unterstiitzen, ist eine Tugend, die der Mensch von heute, der Mensch von heute, der Mensch der reinen Aktion, vollkommen miBversteht Deshalb empfindet er die Bezeich- nunig Traumer vielfach als krankend und beleidigend. Der liebenswiwdige jungere Plinius sagt in seinen Briefen, MuBigganig und Nichtstun seien nicht dasselbe, und den glei- chen Gedanken haben Dichter und Denker aller Zeiten bis in unsere Gegenwart austgesprochen. „Die Demaigogen, die Impresarios der
Als Leserin und gelegentliche Mitarbeiterin der „Furche“ erlaube ich mir, dem Schreiben meines Mannes einige Zeilen hinzuzufügen.Wir nennen zu Hause „Die Furche“ unsere Zeitung, weil wir seit ihrer Gründung, also seit 20 Jahren, direkt und indirekt zusammengehören. Das wöchentliche Erscheinen Ihres Blattes betrachten wir stets wie die Ankunft eines lieben, alten Freundes, der uns nach Graz, dem südöstlichen Eckpfeiler Österreichs und der freien Welt, den Hauch unserer Metropole und den nötigen geistigen Proviant bringt, der unserem österreichischen Gesohichts- und
Wenn ich in Graz vor dem Denkmal Wilhelms von Tegetthoff stehe, berührt mich angesichts dieser auf hohem Postament thronenden, kühnen Seemannsgestalt jene seltsame Ergriffenheit, wie sie zuweilen Menschen bei der Begegnung mit Dingen befällt, denen sie ein gemeinsames Geheimnis verbindet. Eine Familiengeschichte, wie sie nur aus der Form des facettenreichen österreichischen Völkerstaates von einst gegossen werden konnte, ist von der dieses stolzen bronzenen Monuments und des Siegers von Lissa, den es darstellt, nicht zu trennen. „Dem Viceadmiral Wilhelm von Tegethoff — Kaiser Franz
hieb war mir immer diese stille Enge Zwischen Fassaden, die nach oben streben. Lieb ist mir auch dies Abseits vom Gedränge, Wo Gott und Kaiser noch in Eintracht leben.Geliebte Altstadt du der gold'nen Maße, Erinnerst mich in wechselnder Kadenz, Im Blickpunkt mancher Achse einer Straße An Rom, an große Schwestern, an Florenz.Wie einer von den sanften sieben Hügeln Steigst mit der Gäßchen heiterem Rondell Bald auf gemächlichen, bald schnellen Zügeln Du aufwärts bis zum Fuße vom Kastell.Pmr-m*enMt Und Ä Gtä&V&SkicrUgt?Die Kasemattenzeit deiner Geschichte, ■ ■ 1Und