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Das Schlachtfeld des Lebens

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Hier sind, als Leckerbissen für alle Freunde Graham Greenes, neben einem späten Roman, „Ein ausgebrannter Fall“, zwei Serien afrikanischer Tagebuchnotizen und ein mexikanischer Reisebericht enthalten. Greene gehört, wie wir wissen, zu jenen Schriftstellern, die nicht blind der Intuition und Phantasie vertrauen, sondern es vorziehen, sich mit dem Schauplatz, wo ihre Werke spielen, zuvor durch eigene Anschauung vertraut zu machen. Wer stilkundliche Vergleiche liebt, wird sehen, daß sich Greene, nachdem er sich mit seinen ersten Hauptwerken seinen Stil errungen hatte, seither treu geblieben ist. Ganze Passagen seiner Tagebücher könnten unverändert in seinen Romanen stehen und umgekehrt. Daraus ergibt sich der Schluß, daß bei ihm zwischen Apperzeption und Wiedergabe kein fundamentaler Unterschied besteht, sondern daß er schreibt, indem er Schauen gelernt hat, und schaut, weil er zu formulieren weiß. Die zupackende Härte und zugleich Lässigkeit seines Blicks und die skeptische Ironie, die zu seinem Wesen gehören, sind selbst in den kürzesten Episteln unverkennbar.

Der Roman „Ein ausgebrannter Fall“ ist die Geschichte eines Mannes, der, durch Erfolg und Frauen verwöhnt, vom Gipfelpunkt einer steilen Karriere abtritt, dem Weltruhm als Architekt entsagt und in einer geistlichen Leprastation im Innersten Afrikas Zuflucht findet. Überzeugt davon, daß es für sein

Leben keinen Sinn mehr gibt, mokiert er sich über die naiven Patres, die, ihrer Selbstentäußeruhg nicht bewußt, auf verlorenem Posten um einzelne Leben primitiver Schwarzer kämpfen. Von einem alten Neger mit dem sonderbaren Namen Deo Gratias, dem die Lepra alle Menschenähnlichkeit weggefressen hat, lernt er, wie das Menschliche noch in letzter Ausgesetztheit um Hoffnung weiß. So findet er, wenn schon nicht das Glück, das er einst jagte, so doch sein Gleichgewicht im schlichten Dienen. Ein echter Greene, einschließlich der unablässig wirkenden Spannungsmotorik.

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