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JOHANN STAUD. Ein Leben für die Arbeiterschaft. Von Christi K l u- wick-Muckenhuber. Herold- Verlag, Wien. 163 Seiten. S 188.—.

Der Name Johann Stauds ist heute in Österreich beinahe vergessen. Dennoch befand sich Staud in Schicksalsjahren Österreichs in einer Schlüsselposition, die in diesem Buch dankenswerterweise zum erstenmal einsichtig gemacht wird: als Präsident des „Gewerkschaftsbundes der österreichischen Arbeiter und Angestellten“ in den Jahren zwischen 1934 und 1938 hatte er in der Verteidigung der sozialen Rechte der Arbeitnehmer die Hauptlast ziu tragen. Ihm war es vor allem zu verdanken, daß aus dem damaligen Gewerkschaftsbund eine echte Interessenvertretung der Arbeitnehmer geworden ist, womit Österreich letztlich vor der Verfälschung in einen faschistischen Totalitätsstaat bewahrt wurde. Staud war es auch, der in den letzten Tagen des selbständigen Österreich die Verhandlungen mit den Vertretern der sozialistischen Arbeiterschaft führte. Er hat sein Eintreten für Österreich schließlich mit einem frühen Tod bezahlen müssen.

Es ist ein hohes Verdienst der Autorin, das Leben dieses christlichen

Arbeiterführers nachgezeichnet zu haben. Aus den mühselig zusammengetragenen Bausteinen fügt sich das Lebensbild eines Mannes, der von seiner Jugend an einen geraden Weg gegangen und, aus einfachen Verhältnissen kommend, in immer größere Verantwortungskreise hin- eingewachsen ist, um am Ende als Präsident des Gewerkscha ft®bundes die große Aufgabe seines Lebens zu finden, an der er sich glänzend bewähren sollte. Der Name Johann Staud darf daher neben Leopold Kunschak als durchaus ebenbürtig genannt werden. Sein Werdegang, seine Grundsatztreue und sein Handeln nach 1934 reichen allein schon aus, gewisse sozialistische Verzeichnungen des autoritären Systems zu widerlegen. Mag sein, daß Staud die Redemokratisierung Österreichs nicht mit der gleichen Konsequenz wie Kunschak angesteuert hat, woran jedoch nicht gezweifelt werden kann, wair seine mutige Entschlossenheit, die demokratische und soziale Tradition der christlichen Gewerkschaftsbewegung in den damaligen ÖGB hineinzutragen und diesen energisch als Instrument der Rechte der Arbeitnehmer zu gebrauchen. Staud hat sich damit nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch noch für die Gegenwart hohe Verdienste erworben. Seine Führung des Gewerkschaftsbundes war nämlich die entscheidende Voraussetzung für die Errichtung des heutigen ÖGB, der nur aiuf Grund des Vertrauenskapitals errichtet werden konnte, das Staud zwischen 1934 und 1938 angesammelt hatte.

In einer Neufauflage des Buches wären Stauds Verbindungen zur deutschen Widerstandsbewegung aufzunehman, deren gewerkschaftlichen Flügel, mit dessen Führungskräften ihn enge persönliche Beziehungen verbanden, er finanziell unterstützt hatte. Ansonsten aber stellt das Buch, dessen erste Teile zwar nicht ganz befriedigen, eine wertvolle Bereicherung der politischen Literatur unseres Landes dar, weil es eine bedauerliche Lücke endlich schließt.

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