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Wenn sie und er schrieb

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Gerda Marko, gebürtige Wienerin, in Salzburg und München unterrichtend, schreitet mit ihrem Buch „Schreibende Paare. Liebe, Freundschaft, Konkurrenz” den Zeitraum von der Frühromantik bis zur Gegenwart (Jandl, Mayröcker) ab. Sie forschte nicht nur nach deutsch schreibenden Paaren, sondern behandelt auch englische und französische Autorinnen und Autoren.

Wo es sich nicht um solche der Gegenwart handelt, muß sie aus Briefen, Tagebüchern, Memoiren und aus dem literarischen Werk rekonstruieren. Sie stellt Leiderfahrungen ohne Schuldzuweisungen dar, wobei Leiderfahrungen nicht immer nur von den Frauen gemacht werden. Dennoch finden sich die Männer eher auf der Nehmerseite. Als einer der Nehmer wird Bert Brecht geschildert, der sich der Mitarbeit etlicher Frauen erfreute. Marko, einschränkend: „Aber man sollte sich von der Idee verabschieden, daß hier große Talente durch die Unterdrückung des Machos verlorengegangen sind.” ■*

In der Skizze über Elias und Veza Canetti verweist Marko auf das Pseudonym von Veza: Beredterweise bedeutet Veza dasselbe wie Magd. Canetti erwähnte in seinem Erinnerungsbuch über die Jahre 1931 bis 1937 (Das Augenbuch) mit keinem Wort, daß sie geschrieben hat. Alle Bücher, die er bis 1980 schrieb, waren ihr gewidmet. Zu den Widmungen meinte Canetti: „Ich wollte damit das überwältigende Maß an Dankbarkeit ausdrücken, das ich ihr schulde.” Allerdings bemerkte 1984 Erich Fried, daß Canetti nicht viel unternommen habe, ihre Manuskripte zu veröffentlichen. Gerda Marko läßt erahnen, daß ohne die Forschungen eines Göttinger Germanisten niemand von Ve-zas Texten erfahren hätte.

Wie einsam Partnerschaften machen können: „Er ist berühmt und reich, in wenigen Tagen fährt er nach Paris. Außerdem ist er immer verschlossen und finster. Er wird nach Paris fahren, um seinen gegenwärtigen Triumph zu feiern, und ich? Eine schreckliche Einsamkeit, ich stürze ab.” So Elsa Morante über Alberto Moravia. Der Leser wird angeregt, sich auf Spurensuche zu machen und manches anders zu sehen.

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