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Woher kommen unsere Städtenamen?

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Gar mancher wird sich diese Schrift längst gewünscht haben. Denn wer möchte nicht wissen, wie die Namen unserer Länder und Landeshauptstädte zu erklären sind? Wir unterscheiden echte, bodcnver- wurzelte und künstlich erdachte, papierene Namen. Jene berichten von der Landschaft, erzählen von Besitzern oder weisen auf Glauben und Kult zurück. Vindobona ist das Gut des Kelten Vindos, des „Weißen”; Wien, das zunächst gar nichts mit der Stadt zu tun hat, ist der Name des Flusses. Noch vor 700, wohl während der Völkerwanderung, verschwindet der Name Vindobona und die Slawen finden bei der Landnahme im 8. Jahrhundert nur noch den Namen Wien, nach dem Flusse, vor, an dessen Mündung es liegt; ähnlich Fischamend, Mödling, Schwechat und manch andere. Die Slawen nun haben den Namen unserer Hauptstadt in der altertümlichen Form Vėdunia (Much) übernommen und bezeichnen sie heute noch so: Die Slowaken sagen Vieden, die Tschechen Viden, die Polen Wieden, und das bedeutet nichts anderes als „Waldbach”, kommt doch die Wien aus dem ‘Wienerwald. — Das Wort Linz hingegen möchte der Verfasser „im Hinblick auf die ausgesprochene Seltenheit urzeitlicher Besitznamen in Oesterreich” nicht als „die Ansiedlung eines Kelten, der etwa Lentos, Lentes oder Lentios geheißen hat”, gelten lassen, sondern eher glauben, daß „Lentia” (sprich t) als Lagename zu deuten sei: kelt. Lenta ist die Linde. Die Siedlung ist also an einem Lindenhain gelegen, ein Gegenstück zu Leipzig (slaw. lipa, die Linde). — Klagenfurt ist nicht, wie wir gelernt haben, die Furt über die Glan, sondern der Ort einer klagenden, wimmernden, dämonischen Frau (mit Lessiak), da sich dort viele Unglücksfälle ereignet haben. Die slawische Bezeichnung C(v)il(j)ovce ist das genaue Seitenstück dazu; eviljiti ist jammern, klagen, winseln. — Eisenstadt (civitas feerea) ist die eisenbewehrte Stadt, ein Wunschname. Sie ist die Hauptstadt des Vierburgenlandes, der vier deutschsprachigen Grafschaften (Komitate) Westungarns Eisenburg, Preßburg, Oedenburg und Wieselburg; nach dem Verlust Preßburgs und Oedenburgs die künstliche Bezeichnung (Dr. Alfred Walheim zu Weihnachten 1918) des burgenreichen Landes: Forch- tenstein, Lockenhaus, Schlaining, Güssing. Der Name ist trotz seiner blutleeren, künstlichen Entstehung eingebürgert, weil er uns etwas zu sagen hat. — Personen- und Sachweiser und Inhaltsverzeichnis erleichtern die Brauchbarkeit des kurzweiligen, aufschlußreichen Werkes.

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