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Sie muß es ja wissen, denn sie ist Abgeordnete zum Europäischen Parlament a.D.: Johanna C. Grund mutierte zur Autorin in Zur Zeit (dem neurechten Wochenblatt, das Andreas Mölzer & Co seit gut einem halben Jahr in die Medienlandschaft werfen). Was Frau Grund konstatiert, klingt klar: Brüssel (genauer: die dort ansässige Eurokratie) will die deutsche Sprache abschaffen. Zwar sei dies illegal, weiß die Ex-Abgeordnete, aber aussichtslos: Die Politiker und Beamten, die heute in Brüssel und Straßburg die deutsche Muttersprache vertreten, tun dies weitgehend mit gebrochenem Rückgrat. 90 Millionen Bürger der EU sprechen Deutsch; und da soll diese Sprache verschwinden?

Die Rettung alles Deutschen, allem voran der Sprache (ohne die eine "Kultur"-Gemeinschaft, als die heute ein nationaler Volksbegriff verbrämt wird, nicht denkbar scheint) ist das hehre Ziel, dem sich das rechte Zur Zeit verschrieben hat. Immerhin gibt es im Kulturteil die wöchentliche Kolumne 100 Zeilen Deutsch, wo Zur Zeit-Autor Franz Fischer über die Einhaltung der Sprache wacht.

Auch im Wissenschaftsteil titelt das Rechtsorgan: Deutsche Sprache: Besorgnis um künftige Entwicklung. Den Clou (pardon: Das Glanzstück) der Sprachrettungsversuche liefert dennoch die Ex-EU-Parlamentarierin; denn Johanna C. Grund ist sich sicher: Brüssel weiß ... genau, daß der Sieg dem Englischen als Unionssprache nicht mehr zu nehmen sein wird. Und schließt messerscharf: Wer aber heute widerstandslos sein nationales Geld aufgibt ..., opfert auch morgen seine deutsche Muttersprache.

Wir sind bewegt, mit welch begründender Kraft hier die Einführung des Euro als Untergang alles Deutschen bewiesen wird. (Aber wir sind nicht sicher, ob Frau Grund genauso argumentierte, ginge es um die Aufgabe des Schillings zugunsten der D-Mark ...)

Angesichts des unbändigen Einsatzes fürs (sprachlich) Deutsche, sollte man manches, was Zur Zeit in der Hitze des Kulturkampfes bekrittelt, ignorieren: drei Seiten nach den Grundschen Ergüssen zieht Zur Zeit über eine Wiener Konferenz des "Institutes für die Wissenschaften vom Menschen" her, weil der deutschbritische Lord Dahrendorf, Sachsens Ministerpräsident Biedenkopf, Polens Finanzminister Balcerowicz, Staatssekretärin Ferrero-Waldner undVizebürgermeister Görg auf englisch über "Kapitalismus und Kultur" parlierten.

Vielleicht ist es sogar gut, daß den Deutschtümlern von Zur Zeit der eigentliche Inhalt derartiger Veranstaltungen verborgen bleibt.

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