EU Österreich - © Foto: picturedesk.com  / Hans Klaus Techt / APA-Archiv

Österreichs mühsamer Weg zur EU

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Am Verhandlungstisch in Brüssel hat die Bundesregierung nicht nachgegeben und ihre nationalen Interessen gegen alle Widerstände vertreten. Ein neues Buch bringt Fakten und Klarheit über unser zwiespältiges Verhältnis zur Union.

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Am Verhandlungstisch in Brüssel hat die Bundesregierung nicht nachgegeben und ihre nationalen Interessen gegen alle Widerstände vertreten. Ein neues Buch bringt Fakten und Klarheit über unser zwiespältiges Verhältnis zur Union.

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Die Haltung Österreichs beim kürzlich abgehaltenen EU-Gipfel wurde national und vor allem auch international durchaus kontrovers diskutiert. Dass unser Land dabei überhaupt eine nennenswerte Rolle spielte, kommt uns nicht mehr außergewöhnlich vor, höchstens die verstärkte Medienpräsenz des Bundeskanzlers fiel auf. Diese Ankunft in der Mitte Europas ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, dahinter steckt ein langer, mühsamer Weg seit dem Ende des Ersten Weltkriegs. Diesen Prozess mit all seinen Facetten nachgezeichnet zu haben, ist das große Verdienst Michael Gehlers in seinem Werk „From Saint-Germain to Lisbon. Austria’s Long Road From Disintegrated to United Europe 1919 to 2009“, erschienen im Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Europa in seinen verschiedenen Ausprägungen ist ja der besondere Forschungsschwerpunkt des aus Österreich stammenden, nunmehr seit 2006 in Hildesheim lehrenden Historikers. Über Jahrzehnte hat er sich auf diesem Gebiet den Ruf eines überaus kompetenten und detailkundigen Forschers erworben.

Zukunftsperspektiven eingebaut

Das Werk baut auf seinen früheren deutschsprachigen Büchern auf und schließt Zukunftsperspektiven mit ein. Es wird wohl ein Standardwerk für die österreichische Außenpolitik werden. Dem Text von über 900 Seiten, der mit umfangreichem Bild- und Quellenmaterial ausgestattet ist, folgen hundert Dokumente sowie ein wissenschaftlicher Apparat und eine Chronologie zu außenpolitischen Ereignissen seit 1914. Ebenso hilfreich sind ausführliche Zeitzeugenpassagen, die nicht nur in der englischen Übersetzung, sondern auch im deutschsprachigen Original geboten werden. Gerade wenn es um Nuancen geht, sind zweisprachige Fassungen ein unschätzbarer Gewinn. Manche persönliche Sprachfärbung lässt sich eben nicht leicht adäquat übersetzen.

Wenn ein Land von einer Großmacht zu einem Kleinstaat schrumpft, stellt sich die Frage nach einer neuen Raison d’Etre. Sahen die einen ihr Heil in einem Anschluss an einen großen, gleichsprachigen Nachbarn namens Deutschland, träumten andere, wie Richard Coudenhove-Kalergi, einen paneuropäischen Traum. So fand 1926 wohl ein Kongress der Paneuropa-Union im Wiener Konzerthaus statt. Als aber Coudenhove 1928 Bundeskanzler Seipel, der durchaus in größeren Dimensionen dachte, eine europäische Sicherheitskonferenz vorschlug, lehnte der österreichische Regierungschef diese Idee als unzeitgemäß ab.

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