Fragen von Liebe und Tod für Kinder

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Das 13. Internationale Kinderfilmfestival in Wien lockte über 5.000 junge Besucher in die Kinos.

Eigentlich ohne Grund wirft ein Bub mit einem Stein nach Ali Zaoua, der an der Schläfe getroffen wird und sofort tot ist. Seine Freunde - sie alle sind, wie Ali auch, Straßenkinder in einer nordafrikanischen Stadt - tun nun alles, um für Ali, der das Meer geliebt hat und unbedingt Matrose werden wollte, ein ordentliches Begräbnis zu organisieren.

Nicht zumutbar für Kinder? Ganz im Gegenteil: Die Kinderjury des 13. Internationalen Kinderfilmfestivals in Wien hat dem Film "Ali Zaoua - Prinz der Straße" den UNICEF-Preis zuerkannt, der jeweils einen Film auszeichnen soll, der sich besonders für die Rechte der Kinder einsetzt. Gewalt gibt es in diesem Film genug, allerdings nicht als blutiger, unreflektierter Aufputz einer inhaltsleeren Handlung, sondern als Lebensrealität marokkanischer Straßenkinder. Dennoch - oder gerade deswegen - ist "Ali Zaoua" ein sehr zarter Film, der auf berührende Weise zeigt, wie Alis Freunde mit seinem Tod umgehen.

Kinderfilme dieser Art, die ihr Publikum nicht als Geldquelle mißverstehen, sondern ernst nehmen und dementsprechend auch ernsthafte Geschichten über oder für Kinder erzählen, sind schon seit Jahren symptomatisch für das Wiener Kinderfilmfestival. Das Programm wird aus herausragenden Produktionen des jeweils vergangenen Jahres zusammengestellt, daher wird das Festival immer mehr auch für ein Fachpublikum aus dem deutschsprachigen Raum interessant, das hier in geballter Form Filme sehen kann, die auf diversen anderen Festivals Preise gewonnen haben.

Besonders beeindruckend waren dieses Jahr drei Filme: "Ikingut", eine isländische Produktion, erzählt von einem grönländischen Knaben, der im 19. Jahrhundert im Winter über das Eis nach Island gelangt und dort in Boas einen Freund findet, der ihm, der zu einer Zeit, als man in einem kleinen isländischen Dorf von Grönland nichts wußte, als dunkelhäutiger Teufel angefeindet wird, beisteht. Im dänischen Zeichentrick-Kurzfilm "Ernst geht schwimmen" besucht Ernst zusammen mit seiner Mutter ein Schwimmbad und versucht dort, ein Mädchen zu beeindrucken, indem er sich - mitsamt seinem Schwimmreifen in Form einer Ente, der nicht ganz die gleiche Fluggeschwindigkeit hat wie Ernst - vom Sprungturm stürzt. Dieser Film rückt auf formal ganz hervorragende Weise Ernstens Perspektive in den Mittelpunkt, sei es nun der Blick vom Sprungturm, von dem aus alle Menschen - bis auf das angebetete Mädchen, das Ernst immer klar vor Augen hat - wie Ameisen erscheinen, oder der Blick durch Seifenblasen in der Damendusche, wodurch die nackten Damen hervorragend zur Geltung kommen.

Den Preis der Kinderjury hat "Es gibt nur einen Jimmy Grimble" gewonnen, ein britischer Film, der mit entsprechendem Humor erzählt, wie der begabte Fußballer Jimmy endlich zu Toren kommt. Sowohl Jimmy als auch sein von Robert Carlyle verkörperter Trainer und erst recht die Fußballmanschaft, der die beiden anhängen (Manchester City und nicht die gefeierten Manchester United!), sind Außenseiter, aber auch hauptsächlich etwas Besonderes, und das dürfen sie sich auch bewahren. Die Entscheidung der Jury erfolgte übrigens nach einem sehr differenzierten Diskussionsprozeß, bei dem jeder der Filme nach zehn verschiedenen Kriterien - von Regie und Kamera bis hin zur altersgemäßen Darstellung - bewertet wurde.

Beeindruckend war auch das ausverkaufte Gartenbau-Kino zur Veröffnungsveranstaltung, was einmal mehr deutlich vor Augen geführt hat, dass gute Kinderfilme ihr Publikum finden, wenn Kinder und ihre Eltern von dem Angebot wissen. Erfreulich ist, dass man in Wien nun auch schon unterm Jahr auf ein solches Angebot zurückgreifen kann, nicht nur im Votiv-Kino, das regelmäßig vor allem Kinderfilm-Klassiker zeigt, sondern hauptsächlich auch im Cinemagic, das sein Programm nicht zuletzt aus Filmen zusammenstellt, die in früheren Jahren auf dem Festival zu sehen waren.

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