Leopold Figl mit Weinglas & Witz

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Bundeskanzler Leopold Figl auf Besuch in einem italienischen Café: "Sessantotto", sagt der Kellner, als Figl nach der Rechnung verlangt. "Nein, ich bin's, der Poldl!" antwortet daraufhin ganz verwundert der Kanzler. - Einer von zahlreichen Figl-Witzen, die Fritz Muliar im Brennpunkt am letzten Freitagabend auf ORF 2 zum Besten gab. Eine gelungene Idee, den Volksschauspieler über den Volkskanzler humorvoll räsonieren zu lassen. Der Witz sagt bekanntlich viel über Eigenheiten, Qualitäten und Schwächen eines Menschen aus - umso mehr, wenn besagte Person ein Politiker war und Leopold Figl hieß.

Doch auch ohne diese ironischen Einlagen wäre die Schwerpunktsendung zum 100. Geburtstag von Leopold Figl niemals in Gefahr geraten, eine reine Jubelsendung zu werden. Den zahlreichen Mythen und Klischees über den ersten Bundeskanzler der Zweiten Republik wurde zwar ausreichend Platz gegeben, doch auch der kritische Blick auf Figl kam in der von Andreas Nowak und Tom Matzek gestalteten Brennpunkt-Folge nicht zu kurz.

Figl war, so der Befund der Sendung, der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die ideale Verkörperung des Österreichertums für das Jahr 1945 und die folgenden Wiederaufbaujahre. Dass "der populärste Patriot des Landes" mit seinem Trachtenanzug-Image aber leider kräftig dazu beigetragen hat, die dunklen Seiten des Österreichertums in den Jahren davor zu übertünchen, wurde nicht unter den Tisch gekehrt.

Figls "politische Psychologie des Weinglases" war in der Dokumentation genauso ein Thema wie die Probleme des Kanzlers mit den USA, die in ihm eine "gemütliche Version des Austrofaschismus" erblickten. Auch die Beweggründe für die Kaltstellung Figls durch seinen Weggefährten Julius Raab wurden sehr ausführlich - politisch verständlich, menschlich weniger - nachgezeichnet. Was fehlte, war ein stärkeres Eingehen auf Figls - auch für sein politisches Handeln nicht unbedeutende - religiöse Verwurzelung. Zumindest einen Witz (s. o.) hätte man dafür doch erübrigen können. WM

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