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Digital In Arbeit

Arien im Internet

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Stets war der Orient für Europäer eine Projektionsfläche für Ängste, Phantasien und Sehnsüchte; er stand für das Fremde, faszinierend und bedrohlich zugleich. Heute sind es die Weiten des globalen digitalen Datennetzes, die uns ebenso begeistern und zugleich beängstigen, wie einst • das Morgenland die Zeitgenossen Mozarts. Daher hat Regisseur Hubert Lepka Mozarts „Entführung aus dem Serail” - eine Produktion des Avantgarde-Festivals Szene Salzburg in Zusammenarbeit mit den Salzburger Festspielen - kurzerhand in das Internet verlegt: Konstanze (Susanna Pütters), ihre Freundin Rlonde (Pascale Schulze) und der Programmierer Pedrillo (Ralf Simon) geraten beim Surfen im World Wide Web in die Fänge eines digitalen Systems namens Rassa Selim, das von Osmin (Johannes Schwärsky) verwaltet wird. Während Rassa Selim sich Konstanze einverleiben will, hat es Osmin auf Rlonde abgesehen. Relmonte (Alexander Rassermann), der Geliebte von Konstanze, speist sich in das Internet ein und begibt sich auf die Suche nach den drei Verschwundenen.

Die Grenzen zwischen virtueller und realer Welt lösen sich auf: Teils singen die im Netz Umherstreifenden auf der Ruhne, teils auf einer riesigen Leinwand und auf Rildschirmen (natürlich live). Rei dem wunderschönen Quartett „Es lebe die Liebe!” am Ende des 2. Aktes turteln Konstanze und Relmonte via Leinwand, Pedrillo und Rlonde via Fernsehapparat.

Eine ausgezeichnete Idee, die von dem jungen, sympathischen Ensemble unbekümmert und fast makellos umgesetzt wird. Der einzige Ver-mouthstropfen ist die Musik: Die nämlich kommt aus dem Computer. Über weite

Strecken hat Peter V alentin Mozarts Musik notengetreu für den Synthesizer adaptiert, nur der (tänzerisch mäßige) Tanz der Janit-scharen ist verfremdet und mit Achtziger-Jahr-Disco-Rhythmen unterlegt - was allerdings perfekt mit der Ästhetik von Ruhne und Kostümen harmoniert: Rlonde kommt ziemlich punkig daher; und Pedrillo sieht aus wie Rill Gates mit 20.

Trotzdem schade, daß die Musik nicht von einem richtigen Orchester kam. Dann hätte die Inszenierung auch im Großen Festspielhaus bestehen können.

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