Die Macht der Gewalt

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Das Versagen der bürgerlichen Werte und der totalitären Macht: Das Grundthema des 20. Jahrhunderts befaßt heuer die Sommerspiele Perchtoldsdorf. Lessings Tragödie "Emilia Galotti", hier in einer Produktion des Salzburger Landestheaters in der Inszenierung von G. H. Seebach, nahm dieses Thema schon 1772 vorweg. Emilia (emotional gebeutelt: Alexandra Krismer) ist gefangen zwischen der Verwirrung ihrer Gefühle für den Prinzen Gonzaga (Peter Scholz, herrlich despotisch) und ihrer bereits festgesetzten Hochzeit mit dem Grafen Appiani (aristokratisch: Sebastian Knözinger).

"Verführung ist die Macht der Gewalt". Emilias Schlüsselsatz zeigt die Ohnmacht des Bürgertums gegenüber Sünde, Macht und Verführung. Emilia weiß, daß sie verführbar ist, und der Prinz, der sie begehrt, läßt nichts unversucht, um die Heirat Emilias zu verhindern. Drahtzieher in der Geschichte ist der Diener Marinelli (hervorragend besetzt mit Gerhard Peilstein), der Inspirator und "Vollstrecker" des Prinzen. Emilia Galotti geht ihren tödlichen Weg in der Angst, dem Prinzen zu verfallen und den bürgerlichen Moralvorstellungen nicht zu genügen. Ihre Verzweiflung gibt ihr die willensstarke Entschlossenheit, ihren Vater (Wolfgang Kraßnitzer als überzeugender Konterpart zum Prinzen) zum Todesstoß zu bewegen.

Regisseur Seebach legt das volle Augenmerk auf das Spiel seiner Akteure, die überwiegend entsprechen. Schlicht ist daher das Bühnenbild; die Burg Perchtoldsdorf sorgt ohnehin für ein stilvolles Theaterambiente.

Lessings Tragödie endet mit dem (Selbst-)Mord Emilias und vermag das Publikum zu fesseln. In Perch-toldsdorf ist man den Klassikern seit 20 Jahren treu, und anspruchsvolles Spiel dieser Art bereichert den niederösterreichischen Theatersommer.

Bis 26. Juli. Tel. 01/866 83-80

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