"Verführung ist die wahre Gewalt"

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Sieben Betstühle, ein Geviert, von Gazevorhängen umschlossen: Das ist die Ausstattung zu Gotthold Ephraim Lessings Trauerspiel "Emilia Galotti". Das Stück hatte im Schauspielhaus Salzburg Premiere - mit durchschlagendem Erfolg. Da war alles zugespitzt, nicht skelettiert, auf der Kammerbühne; die Sprache Lessings war erhalten. Das Spiel auf Leben und Tod begann in dem Augenblick, als sich der Prinz Emilia in der Kirche näherte: "Verführung ist die wahre Gewalt." Zwei Welten stoßen aufeinander, jene des Tugendrigoristen Odoardo Galloti und seiner Frau, und jene des Kammerdieners Marinelli, des Mephisto mit dem öligen Lächeln und der Sicherheit des Strategen der Intrige für seinen Herrn, den Prinzen.

Es ist freilich ein Stück, eine Tragödie der Aufklärung: hie die Welt des Adels, da die Welt des Bürgertums. Nicht mehr so unverträglich wie Feuer und Wasser, dabei aber doch die Vergeblichkeit des bürgerlichen Tugendideals gegen die absoluten Begehrlichkeiten der Oberschicht vorführend.

Hier hatte Bülent Özdil in der (dankbaren) Rolle des Kammerdieners Marinelli alle Fäden in der Hand, von dem fingierten Überfall mit dem Tod des Bräutigams der Emilia, des Grafen Appiani (Frederic Soltow), bis zur scheinbaren Rettung der Galottis auf das Lustschloss des Prinzen. Kristina Kahlert als Emilia wird schier zum Spielball zwischen dem Prinzen Gonzaga, Simon Jaritz, und ihren Eltern, Vater Odoardo, Harald Fröhlich, und Mutter Claudia, Susanne Wende.

Despotie jener Zeit

Die Aufführung erhielt mit dem Auftritt der Ex-Geliebten des Prinzen, der Gräfin Orsina, schließlich die todbringende Wende. Christiane Warnecke hatte als Racheengel in eigener Person Gift und Dolch mitgebracht, um Odoardo zum Mord an dem Prinzen, der sie verschmäht hat, zu motivieren. Diese Begegnung wurde zu einer der überzeugendsten Szenen dieser Aufführung.

"Und glauben Sie, glauben Sie mir: wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren." Diese Orsina trägt die Aufklärung auch in der Theorie auf die Bühne. Deshalb auch war an bestimmten Höfen die "Emilia Galotti" einfach unspielbar. Lessing als der führende Vertreter der Aufklärung und einer Toleranz, die nichts mit Gleichgültigkeit zu tun haben darf, war ja mit seinen Ansichten nicht jedermanns Liebling. Wenn Vater Galotti seine Tochter tötet, sieht man noch etwas von der Despotie jener Zeit auf der Bühne.

Der Premierenapplaus feierte die Aufführung.

Emilia Galotti Schauspielhaus Salzburg, 2., 5., 6., 7. Februar

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