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Brandt-Aktion

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Die weltweite und in Öster-reich nie verstandene Verurtei-lung des Waldheim-Alleingangs nach Bagdad reduziert sich im nachhinein immer mehr darauf, daß er amtierendes Staatsober-haupt und außerdem der erste war, der die internationale So-lidarität unterlief.

Inzwischen waren der Ameri-kaner Jackson, der Brite Heath und der Japaner Nakasone da. Keiner hatte zwar einen Ver-handlungsauftrag seiner Regie-rung, jeder war nur "Privatper-son" und jeder brachte nur ein Häußein Geiseln seiner Nation mit nach Hause. Aber jeder die-ser "Privatreisenden", die dem Diktator Saddam Hussein ihre Aufwartung machten, ist Poli-tiker oder zumindest ein welt-weit bekannter "eider states-man", kein echter Privattourist. Ohne ihre publicityträchtigen Namen, die dem brutalen Aggressor Aufmerksamkeit und Reputation bringen, hätte keiner einen Landsmann herausholen können.

Nun ist als vorläufig letzter in der Reihe auch noch Willy Brandt in den Irak geflogen, der ehemalige deutsche Bundes-kanzler, Friedensnobelpreisträ-ger, Vorsitzende der Sozialisti-schen Internationale und Eh-renvorsitzende der SPD.

Brandt ist weder im Außrag der UNO, noch in einem Auftrag der EG, noch im Auftrag der deutschen Bundesregierung unterwegs. Aber zunächst ein-mal sieht es wieder genau wie damals bei Waldheim aus: da nützt, einer seine Beziehungen dazu aus, um für eine Flugzeug-ladung voll Medikamente im Gegengeschäß mit einer Flug-zeugladung voll Geiseln ent-lohnt zu werden.

Mit jedem weiteren Besuch verschieben sich die morali-schen Gewichte. Es sieht immer mehr so aus, als handle es sich um ausländische Kriegsverbre-cher, die widerrechtlich in den Irak eingedrungen sind und jetzt durch die überreiche Güte des dortigen Herrschers aus huma-nitären Gründen vorzeitig be-gnadigt werden.

In Wirklichkeit sind es nicht nur persönlich unschuldige und widerrechtlich festgehaltene Menschen aus westlichen Indu-strieländern, sondern auch noch Ausländer, diezumgrößten Teil vorher ja als hochbezahlte Rü-stungshelfer den Irak überhaupt kriegsfähig gemacht haben. Von zigtausend mißhandelten oder ermordeten Asiaten spricht ohnehin niemand.

Ob die mit Recht so umstritte-ne Brandt-Reise in den Irak nun ein Erfolg oder ein Mißerfolg im Sinne der internationalen Soli-darität wird, hängt vor allem davon ab: Bringt er nur Deut-sche heim oder Geiseln aus al-len Nationen? Gelingt es ihm, dem größenwahnsinnigen Dik-tator in Bagdad verständlich zu machen, daß nur sein Rückzug, aus dem Kuweit einen Krieg wirklich verhindern kann.

Wenn ja, dann war es doch eine politische Mission des "Privatmannes" Willi Brandt.

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