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Das Ende der Villa Hahn

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Die Projektgruppe zur Rettung der von Otto Wagner erbauten Villa Hahn in Baden bei Wien erarbeitete eine Dokumentation und wandte sich in Form eines Buches, das gleichsam einen Abdruck der Villa darstellt, an folgende Personen und Institutionen, in deren Händen das Schicksal des Hauses liegt: das Wissenschaftsministerium, die Landesregierung, das Bundesdenkmalamt und das Landeskonservato- riat, die Stadtgemeinde Baden,

die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter als öffentlich rechtliche Körperschaft und Eigentümer. Die Projektgruppe forderte

• sofortige bestandssichemde Maßnahmen

• Instandsetzung und Erhaltung des Gesamtensembles mit Nebengebäude und Park

• Wiederherstellung der Originalräume aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen

• Ausschreibung eines Wettbe-

werbs, falls bauliche Erweiterungen im Kontext des Ensembles notwendig wären • Offenlegung aller bestehenden Absichten und Projekte.

Die Landeshauptleute Siegfried Ludwig und Erwin Pröll förderten die Publikation finanziell und die Projektgruppe ideell. Das Bundesdenkmalamt bekundete grundsätzliches Wohlwollen. Der Bürgermeister der Stadt Baden, Viktor Wallner, zeigte sich interessiert. Der Kultursprecher des Landes Niederösterreich, August Breininger, lieferte den Vorschlag der Verwendung der Villa als Musikschule. Der Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Robert Brooks, ermöglichte zeitweilig den Zutritt zu Park und Villa. Der Verleger Jens Spreckelsen übernahm das nicht unbeträchtliche Risiko der Publikation des Buches mit einer Auflage von 4.000 Stück. Uber die aktuellen Geschehnisse wurde in sachlicher Form berichtet.

Die Projektgruppe war der Meinung, ihrem Ziel nähergekommen zu sein. Das große öffentliche Interesse an einer originalen Wiederherstellung der Villa ließ auf eine Lösung hoffen, die das bedeutende Bauwerk einer kulturellen Nutzung zuführen würde. Bei der Präsentation des Buches in Baden waren die Anwesenden der Meinung, daß die Gefahr der Zerstörung des Villenensembles gebannt sei, Bürgermeister Wallner sprach von der „überraschenden Wende“ . Dann verschwanden alle obengenannten Helfer und Unterstützer der Projektgruppe in der Versenkung, zurück blieb ein hoffnungsvolles Publikum.

Durch eine definitive Entscheidung des Bundesdenkmalamtes wäre bei der Bauverhandlung am 5. März eine Wende möglich gewe-

sen, das letzte Wort war noch nicht gefallen.

Bei dieser Verhandlung stimmte das Bundesdenkmalamt aber weder zu noch dagegen, auch die Anrainer brachten keine Einsprüche vor, und so blieb dieser letzte Auftritt lediglich ein retardierendes Moment, das das Ende des Dramas bestätigte, nicht veränderte.

Alle Mitspieler dieses letzten Aktes waren sich dann einig, daß die Hahn-Villa nur durch diesen Verkauf „gerettet“ werden könne und daß die Tätigkeit der Pro- jektgruppe durch ihre Dokumentation lediglich die „Rettung“ verzögert hätte. Zwar wurde ein Antrag auf Unterschutzstellung des Gartens eingereicht, zwar wurde der Vorschlag, hier ein Institut für Postgraduate-Studien zu errichten, als interessant befunden — aber die Baugenehmigung ist da.

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