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Das Film-Comeback der Hildegard Knef

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Fast zehn Jahre lang hat Hildegard Knef nicht mehr gefilmt, sondern sich Ruf als Buchautorin erworben; das bot vielleicht Anlaß für ein Comeback auf der Kinoleinwand. Und so sehen wir nun eine gealterte und andere Knef in einem neuen Fach: als Mutter und (indirekte) Widerstandskämpferin gegen Hitler in der Verfilmung von Hans Falladas Roman „Jeder stirbt für sich allein“, inszeniert von Alfred Vohrer. Insgesamt wohl eine etwas merkwürdige Konstellation und Kombination, bei der den Kennern nicht ganz wohl wurde (bevor man noch das Ergebnis sah)...

Nun ist Falladas in seinem Todesjahr erschienener Roman nicht sein bester: eine etwas kolportagehafte Rehabilitierungsgeschichte um den passiven Widerstand eines Berliner Arbeiterehepaares, dessen Sohn im Frankreichfeldzug gefallen ist, worauf es Postkarten mit Anklagen gegen den Führer als Mörder verteilt. Als nach langen Recherchen die anonymen Kartenschreiber entdeckt werden, werden Mann und Frau zum Tod verurteilt. Der Vater kann sich durch Selbstmord den Henkern entziehen, die Frau geht aufrecht in den Tod ...

Was schon als Buch manchmal etwas dfck aufgetragen wirkte und nur durch die ausgezeichnete Milieuschilderung gewann, fiel dann noch Alfred Vohrer in die Hand, dem Verfilmer zahlreicher Simmel-Bestseller. Und anstatt nun das stille Thema entsprechend zu inszenieren, machte Vohrer einen Super-Simmel daraus: er führte mit dem Holzhammer Regie, ließ die Schauspieler chargieren und outrieren, malte in dicksten Farben und schuf eine Horrorkolportage, die — im Grunde genommen — das Dritte Reich so grotesk vezerrt und so überplakativ karikaturistisch darstellt, wie es niemals hätte existieren können. Fürwahr ein „Hammer“-Film!

Die armen Darsteller agieren in genau demselben Super-KlischeeTypen-Begriff: von der Knef über Carl Raddatz bis zum unwahrscheinlich-hilflosen (weil sichtlich von seiner Rolle peinlich berührten) Rudolf Fernau, der als pensionierter Kammergerichtsrat mit dem bezeichnenden Nammen „Fromm“, ein wahrhaft aufrechter Deutscher, an die Todeskandidaten am Schluß mit gütigem Lächeln und aufmunterndem Nicken Zyankali-Kapseln verteilt. Und der Gipfelpunkt: ein SS-Oberscharführer, wie er im (Schund-)Büchl steht... So Zeitgeschichte zu verfilmen, ist geradezu kriminell: was bekommen die, die sie nicht miterlebten, für einen falschen Begriff, wie müssen sie sich über die Generation lustig machen, die dergleichen groteske Karikaturen akzeptierten! (Staudte oder Käutner hätten den Film mit mehr Können, aber auch Feingefühl inszeniert!)

Und Österreichs berüchtigte Film-prädikatisierungs-Fehlurteils-Kom-mission verlieh dem geschmacklosen und falschen Machwerk ein „Wertvoll“ — aus Unkenntnis filmischer Wertbegriffe, aus Mangel an Geschmack oder aus schlechtem Gewissen?

Wie wertvoll ist doch dagegen die ... zigste (angeblich 24.!) Verfilmung der Edelkolportage „Der Graf von Monte-Cristo“ als Star-Abenteuer, und selbst wie liebenswert (und damit wertvoll) Adriano Celentanos in maßloser Selbstüberschätzung verunglückte One-Man-Collage „Yuppi Du“!

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