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Der Anteil der Juden an der Moderne

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Leon Botstein, Professor für Musik und Geschichte in New York, Dirigent und Musikdirektor der Hudson Valley Philharmoniker schreibt, daß er zur Thematik des Buches als Schüler von Hannah Arendt und aufgrund seiner Geschichte als Kind ostjüdischer Eltern kam.

Neben gelegentlicher scharfer Kritik an der Politik des Staates Israel -die mit dem Thema nichts zu tun hat - plädiert der Autor für „die Fortsetzung eines wissenschaftlichen und philosophischen Dialogs zwischen Juden, Deutschen und Österreichern und will „die Kreuzungspunkte von Emanzipation, Assimilation und Kulturgeschichte untersuchen". Botstein schreibt eine Geistesgeschichte der jüdischen Moderne, die sich zwar an den großen Namen Moses Mendelsöhn, Karl Marx, Karl Kraus, Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Sigmund Freud, Ludwig Wittgenstein und Theodor Herzl orientiert, aber auch Stefan Zweig, Joseph Roth, Egon Friedeil, Martin Buber und Fritz Mauthner einbezieht und zuweilen sozialgeschichtlich argumentiert.

Er versteht es, die facettenreichen Ideen der erwähnten Autoren neu und aktuell zu interpretieren, geht dabei aber leider nicht über sie hinaus. In dem Kapitel „Musikkultur und die Juden: Wien als Beispiel" bezeugt er sein Spezialwissen und in den Abschnitten über Max Nordau und Victor Zuckerkandl deutet er - leider nur in Ansätzen - die Theorie eines säkularen, zum Teil konservativen, zum Teil humanistischen modernen Judentums an. Das lesenswerte und zum Weiterdenken und -forschen anregende Buch endet mit einer Kritik der Sprache nach dem Holocaust, die die Herausforderung Theodor W. Adornos annehmen will und für welche die Lyrik Paul Celans vorbildlich ist.

JUDENTUM UND MODERNITÄT. Essays zur Rolle der Juden in der deutschen und österreichischen Kultur 1848 bis 1938. Von Leon Botstein. Böhlau Verlag, Wien/Köln 1991.231 Seiten, öS 398,-.

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