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Der Dschungel liefert jährlich 50 Tonnen Heroin

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„Heroin in der Einlegesohle des Kochs“ - so und ähnlich lauteten die Schlagzeilen, die darüber berichteten, daß der Koch Wong Kee Chin 180 Gramm Heroin von Kuala Lumpur nach Singapore geschmuggelt habe und zum Tode verurteilt worden sei. Ein anderer Schmuggler in Singapore, der Zimmermann Lim Ker Siong, wurde zu fünf Jahren Gefängnis und zu fünf „Rotan-Schlägen“ (mit dem Bambusstock) verurteilt.

In Singapore und Malaysia arbeiten die „Antinarkotika-Truppen“ mit dressierten Hunden, die selber rauschgiftsüchtig gemacht wurden und die Droge sogar dann riechen, wenn sie in Kaffeepulver versteckt ist.

In Bangkok wurden zwei Drogenhändler hingerichtet, Chan Shripa-dung und Lao Fan. Lao Fan war bekannt als prominenter Drogenschmuggler, der Westeuropa und die Vereinigten Staaten belieferte. Kürzlich wurde die englische Pflegerin Rita Nightingale auf dem Flugplatz Von Bangkok verhaftet. In ihrem Gepäck fand die Polizei nicht weniger als vier Kilogramm Heroin. Sie schwor, daß andere Passagiere, wahrscheinlich zwei Hongkonger Chinesen, die Droge ihr ins Gepäck praktiziert hätten. In Kuala Lumpur wurde ein Drogenschmuggler, der im Pudu-Gefängnis saß, zum Tode verurteilt. Und trotz all dem blüht das Geschäft!

Ungefähr 66 Prozent der Heroinweltproduktion kommt aus dem „Goldenen Dreieck“, aus der Grenzregion zwischen Burma, Thailand und Laos. Kürzlich ist nun aus diesem Dreieck ein Viereck geworden, weil sich auch Kambodscha in die Heroinproduktion und in den Schmuggel eingeschaltet hat. Die neuen „sozialistischen“ Herren Kambodschas, die ohne Wimpernzucken mehrere hunderttausend Landsleute auf viehische Weise ausgerottet haben, brauchen Geld und sind obendrein von der Idee besessen, die westliche Gesellschaft mit Hilfe von Drogen zu vernichten. „Aber das eigentliche Mistbeet des Heroins ist wahrscheinlich Burma“, sagte ein ausländischer Korrespondent in Singapore. Shan- und Karen-Partisanen, Uberreste des Kuomintang, kommunistische Rebellen - sie alle leben vom Heroinschmuggel. Die burmesische Armee ist schwach und die Rebellen sind der Uberzeugung, daß sie eines Tages das ganze Land würden kaufen können. Die burmesische Armee beschlagnahmte 1977 immerhin 700 Kilogramm Opium, Heroin und andere Drogen, im Werte von 300 Millionen Dollar. Dies war jedoch nur ein Bruchteil der burmesischen Drogenproduktion. Nach Schätzungen von Experten werden in Burmas Dschungel jährlich 500 Tonnen Rohopium erzeugt, aus denen 50 Tonnen Heroin gewonnen werden können. Auf dem Weltmarkt repräsentiert dtese Mettge cföh' ansehnlichen Wert von 1S5 Milliarden Dollar.'

Die Lieferanten haben ein weltweites Verteilernetz aufgebaut. Die Handelswege führen über Singapore nach Amsterdam, Berlin und London. Verbrechersyndikate und Geheimgesellschaften organisieren den Transport. Protagonisten des Heroindramas sind oft nicht nur dunkle, sondern auch novellistische Figuren, wie jenes „Golden Girl“, das kürzlich in London verhaftet wurde. Sie heißt in Wirklichkeit May Wong und ist Starmodell. May Wong lebte in Penang, war verheiratet und ist Mutter von zwei Kindern. Ihr Vater wurde von Gangstern ermordet. Sie forschte aus, daß für diese „Exekution“ ein Verbrechersyndikat verantwortlich gewesen war, das sich mit Heroinschmuggel beschäftigt hatte. May verließ ihre Familie und suchte Verbindung zum Syndikat. Sie entdeckte es alsbald durch Li Jaffar Mah, dessen Geliebte sie geworden war und May trat in die Geheimgesellschaft „Wo Shing Woh“ ein. Sie war 27 Jahre alt und auffallend schön. Bald avancierte sie zur Verteilerin in London, flog von London nach Singapore und zurück, lebte im Luxus und vergaß gänzlich die Rache, die sie den Mördern ihres Vaters geschworen hatte. Im Laufe eines halben Jahres vertrieb sie Heroin im Werte von einer Million Dollar. Schließlich wurde sie verhaftet und verbüßt gegenwärtig eine Strafe von 15 Jahren Kerker. Auch ihr Geliebter Li Jaffar Mah wurde festgenommen.

Neben Moskau ist auch Ostberlin eine wichtige Schaltstelle auf der internationalen Heroinstraße.

Vor Jahren bezichtigte die Sowjetpresse China des Drogenschachers. Aber China hat den Handel mit dem Tode unterbunden und ausgerottet. Die Chinesen behaupten vielmehr ihrerseits, daß die Russen China in Mißkredit bringen wollen, während sowjetische Behörden den Drogenschmuggel nach dem Westen unterstützen. Heroihsüchtige können leicht erpreßt werden. Die „Genießer“ können verkrüppeln, bei einer Uberdosis auch sterben. Und all dies ist eine bessere, weil risikolosere Waffe gegen den „Kapitalismus“ als die Atom-, Hydro-gen- und Plutoniumbomben.

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