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Die Sorgen der Multis

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Nach einer deutlichen Imageverbesserung Ende der 70er- Jahre droht die Mineralölwirtschaft hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit in die Rolle der Versicherungswirtschaft vor etwa zehn Jahren zu fallen: Was immer sie an Zahlen und Argumenten vorlegt - das Mißtrauen in der Öffentlichkeit und bei den Medien ist bereits so groß, daß die erste Reaktion die Suche nach dem Trick ist.

Bei einem Bilanzgewinn von 99 Millionen Schilling (Shell) bzw. 246 Millionen Schilling (Mobil) für das Geschäftsjahr 1980 müssen Formulierungen wie „unhaltbare Situation“

(Shell-Generaldirektor Mieling) und „die Ertragslageistunerträg- lich“ (Mobil-Generaldirektor Chorinsky) dem durchschnittlichen Konsumenten, der den Wirtschaftsteil der Zeitungen nicht oder nur oberflächlich liest, geschweige denn die Geschäftsberichte der beiden Gesellschaften studiert, als Provokation erscheinen. Er wird die Etikette „unerträglich“ vermutlich auf seine Art auslegen.

Was nützt es da schon, wenn die beiden genannten Gesellschaften einem qualifizierten Auditorium nachweisen können, daß diese Erträge aus der Beteiligung an der Rohöl-Aufsu- chungs Ges. m. b. H. (RAG) stammen, die je zur Hälfte im Eigentum von Shell und Mobil ist und die nach jahrelangen Verlusten durch den enormen Anstieg der Rohölpreise nun Jahr für Jahr satte Gewinne abwirft? Die Tränen über die ungenügende Abgeltung des Kursanstiegs des Dollars durch die neuen Benzinpreise halten sich naturgemäß in Grenzen, sieht man. wie sich der Nachteil beim importierten Rohöl zum Vorteil beim in Österreich geforderten (von der RAG etwa 300.000 Tonnen) kehrt. Und es fällt einem der Supermarkt ein, der, um sein Sortiment insgesamt gewinnbringend an den Mann bringen zu können, bei einzelnen Artikeln Verluste hinnimmt.

Die Aufrechnung der Verluste aus dem Rohölimportgeschäft mit den Gewinnen aus der Förderung im Inland ist über einen längeren Zeitraum dennoch unmöglich: Außer Shell und Mobil verfügt nur noch die ÖMV über heimisches Rohöl, nicht aber die anderen in Österreich tätigen Ölgesellschaften (BP, Esso, Agip usw.), die zusammen rund die Hälfte des Marktes versorgen und die, soweit die Bilanzen bekannt sind, schon in den roten Zahlen sind.

Sieht man einmal davon ab, daß auch Shell, Mobil und die ÖMV bei auf Dauer ungenügenden Erlösen im Ölhandelsgeschäft über die Versorgung sanften Druck ausüben würden, werden sich mittelfristig die Mineralölpreise an der Ertragslage der zur Gänze importabhängigen Gesellschaften orientieren müssen, will man nicht deren Rückzug in Kauf nehmen. Das aber wiederum heißt: Steigende Ertragsaussichten für die ÖMV, Shell und Mobil. Und dafür werden die Aktionäre die schlechte Presse in Kauf nehmen.

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