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Seiltänzer Ayub Khan

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Die blutigen Unruhen in Pakistan, bei denen sogar Militär zu Kämpfen mit Aufständischen herangezogen wurde, verschärften die Spannungen in diesem gefährlichen Schnittpunkt im Kräftespiel der Weltmächte. Verläßliche Gewährsmänner behaupten, daß eine ganze Reihe innen- und außenpolitischer Fakfaren den Ausbruch der Unruhen verursacht hat. So habe unter anderem Ayub Khans Verhalten zur kommunistischen Sphäre einflußreiche und geldkräftige Pakistanis immer mehr verbittert, obwohl Ayub Khan, dieser „gewiegte Seiltänzer im Zirkus der Weltpolitik“, den Rotchinesen nicht gestattet habe, sich in Pakistan in aufsehenerregender Weise propagandistisch zu betätigen. Tatsächlich sind in Pakistan mehr als drei Viertel des Bankkapitals und fast die Hälfte der Imdustriepro-dukte in den Händen einiger hundert Familien. Um diesen Widerständen entgegenzuwirken, war man seit langem in Peking, anscheinend mit geringem Erfolg, bemüht, pakistanische Wirtschaftskreise durch den verstärkten Ankauf pakistanischer Waren mit entsprechenden Gewinnmöglichkeiten zu einer versöhnlicheren Haltung zu veranlassen. Eine weitere Ursache der Schwächung der Position Ayub Khans ist die Spannung zwischen West- und Ostpakistan, wo auch die meisten der zehn Oppositionsparteien, die gegen ihn Stellung nehmen, viele Anhänger haben. Unter deren Führern ist Sheikh Mugibar Rahman, ein prominenter Kämpfer für die Autonomie Ostpakistans. Seit langem beschweren sich ostpakistanische Kreise über die wirtschaftliche Benachteiligung des östlichen Landesteiles und über die proportionell unzureichende Zahl von Ostpakistanis in den höchsten Regierungsämtern. Die radikalsten Autonomisten fordern eine weitgehende Selbständigkeit Ostpakistans mit einem eigenen Steuersystem, einer eigenen Währung, und — mit Ausnahme der Landesverteidigung und der Außenpolitik, einer selbständigen Führung des ostpakistanischen staatlichen Verwaltungsapparates. Allerdings sind die vielen Oppositionsparteien zersplittert und durch die persönlichen Ambitionen der zahlreichen Parteiführer gehemmt. Und ganz allgemein sind viele pakistanische Intellektuelle in einem geistigen Dilemma, das unter anderem ein pakistanischer Schriftsteller in einer Analyse sehr objektiv in der folgenden Weise skizzierte: „Viele unserer Intellektuellen scheinen nicht zu wissen, ob sie sich um geistige Inspiration an den Islam, an die westliche Welt, an den Kommunismus oder an einen zielbewußt gesteuerten pakistanischen Nationalismus wenden sollen.“

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