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Ein Experiment

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Der „Urfaust“ mit seinen locker gefügten Szenen eignet sich kaum für Großbühnen. Aber diesen großartigen Ansatz für das spätere zweiteilige Werk auf den wenigen Quadratmetern der Bühne im Theater am Belvedere spielen? Ist das möglich? Es ist, wie sioh überraschend zeigt. Allerdings wäre es unangängig, da, zwei, drei Meter von den Zuschauern entfernt, Faust und Mephisto in mittelalterlichen Kostümen auftreten zu lassen oder ein gotisches Zimmer, einen Garten imagi-nieren zu lassen. Umsetzung ins Heutige als Notwendigkeit. Also treten die Darsteller unter der Regie von Irimbert Ganser salopp-heutig gekleidet, die Mädchen in Hosen auf, Mephisto ist von Anfang an da, Zigaretten werden angezündet, Drinks genommen, ein Mädchen im Hintergrund improvisiert immer wieder auf der Gitarre Tonfolgen. Bert Bren gliedert die Spielfläche farbig und räumlich, das genügt durchaus.

Das Spiel entsteht solcherart ungezwungen aus dem Heute heraus, alles wirkt improvisiert, dieser Faust, ein junger Kerl von innerer Intensität, ist — erst recht heutig — mit den Wissensbereichen und den Lehrmethoden der Hohen Schule nicht einverstanden. Der Text gerät mit dieser Art der regieliehen Darbietung keineswegs in Widerspruch. Rückt das Gretchen-Geschehen ins Tragische, ins Letale, ist man schon zu sehr gefangen, um den Gegensatz zur Situation eines solchen Mädchens in unserer Zeit allzu hoch zu veranschlagen.

Diesmal gibt es unter den Darstellern Talente. Es wird nicht deklamiert wie gerade bei „Faust“ so oft auf großen Bühnen. Werner Schöggl glaubt man als jungem Faust die sucherische innere Unruhe, nur müßte er sich sprechtechnisch vervollkommnen. Franz Herzog ist ein lässig ironischer Mephisto, Elisabeth Walla hat überzeugend die schlichte Innigkeit der Margarete. Beachtlich erweist sich auch Christine Kain als junge Marthe: Reizvolles Spiel von Ingrid Elisabeth Yessler auf der Öfi tarre. Ein etwas zügigeres Tempo würde der Aufführung nützen.

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