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Elite statt Gleichheit

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Nach der Wahl Jörg Haiders erwägt die Liberale Internationale den Ausschluß der FPÖ. Tatsächlich bestehen erhebliche programmatische Unterschiede.

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Nach der Wahl Jörg Haiders erwägt die Liberale Internationale den Ausschluß der FPÖ. Tatsächlich bestehen erhebliche programmatische Unterschiede.

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Ich kann auf vier Widersprüche zwischen dem neuen FPÖ-Pro-gramm 1985 und dem Liberalen Aufruf der Liberalen Internationale 1981 hinweisen: • Es. liegt ein Unterschied zum Liberalismus der Liberalen Internationale in der Ablehnung eines allgemeinen Gleichheitsprinzips und seiner Beschränkung auf die (politische) Gleichheit vor dem Gesetz, allenfalls in der Erweiterung auf Chancengleichheit bei einer starken Betonung des Leistungsgedanken und des Elite-Denkens (Aktivelement).

Der klassische Gleichheitsgrundsatz des Liberalismus wird im FPO-Programm 1985 sogar polemisch als „Gleichmacherei“ hingestellt.

• Ein zweiter Unterschied liegt in einer von der individualistischen Phüosophie der Liberalen Internationale abweichenden Tendenz des FP-Programms, Familie, Volk und Gesellschaft in organistischer Auffassung eine Eigenexistenz zuzusprechen.

Dies kommt aus der deutschen Romantik mit ihrer Ablehnung des „mechanizistischen Individualismus“. Auch das ist eine Sicht, wie sie schon im Bad Ischler “ Programm und im Freiheitlichen Manifest zur Gesellschaftspolitik vorgeprägt war.

• Als dritter Differenzpunkt zur Programmatik der Liberalen Internationale ist die gesamte nationale Problematik im FPO-Programm zu nennen.

Dieses ist weder theoretisch leicht in ein liberales Programm zu integrieren, noch läßt sich dies praktisch nach einer fast hundertjährigen illiberalen Praxis, die sich auf nationalistische Ressentiments und sich daraus ergebenden imperialistischen Angriffskriegen stützte, nur schwer einem in diesen schlechten Traditionen groß gewordenen und vorgeformten Personenkreis aufpfropfen. • Schließlich ist der Liberale Aufruf 1981 von einer spezifisch internationalen Sicht der Dinge gekennzeichnet. Dieser Ansatz ist der FPÖ völlig fremd.

Die Erklärung liegt nicht nur im Umstand, daß der Liberale Auf-

„Weltzusammenhänge werden im FPÖ-Partei-programm nur am Rande berücksichtigt“ ruf eben der Aufruf einer Partei-Internationale ist, sondern stellt ganz allgemein auch ein unterschiedliches Herangehen an die Problematik dar, das nicht aus einer nationalen Sichtweise kommt, sondern gewohnt ist, stärker in Weltzusammenhängen zu denken, was im neuen FPÖ-Programm nur am Rande gelegentlich geschieht, obwohl ja auch die einflußreichsten Parteien der Liberalen Internationale wohl alle dem europäischen Kulturkreis zugehörig sind.

Auszug aus: „Das Parteiprogramm der FPO - eine kritische Analyse“. In: OSTER-REICHISCHES JAHRBUCH FÜR POLITIK 1985. Herausgegeben von Andreas Khol, Günther Ofner und Alfred Stirnemann. Wien 1986.

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