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Emanzen in der Antike ?

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Schon vor 2500 Jahren, in der Zeit des klassischen Athens der Antike, war das Thema Emanzipation aktuell. Denn damals haben, wie die Althistorikerin Edith Specht (Institut für Alte Geschichte und Klassische Archäologie der Universität Wien) herausfand, Frauen erstmals — zumindest was den europäischen Raum betrifft—einen Einbruch in die männlich dominierte Welt versucht:

„In jener Zeit wurde den Frauen die Fähigkeit zuerkannt, Bildung zu erlangen. Dies führte schließlich auch zu einer Änderung der gesellschaftlichen Stellung der Frauen. Wenn man auch nicht von einer Emanzipation in unserem heutigen Sinn sprechen kann, so doch von einer Bildungsemanzipation."

Verantwortlich dafür war das Aufkommen der Sophistik — einer neuen Geistesrichtung. „Kalos kai agathos", ein vollwertiger Mensch, hatte bisher nur ein Mann werden können, der seine kultivierte und sportliche Erscheinung sehr wesentlich durch Training in Palästra (Sportschule) und Gymnasium (Turnhalle) erwarb. Diese Stätten waren aber den Frauen Athens verschlossen.

Durch die Sophistik aber gründet sich „arete" (Tüchtigkeit und Tugend) auf Kenntnis und kann daher gelehrt werden. Rhetorik wird wichtiger als Leistungen auf dem Sportplatz. Mund und Hirn werden höher geschätzt als nur Muskeln. Sobald aber die den Frauen nicht zugänglichen Bildungsstätten nicht mehr einzig und allein für eine gute Erziehung ausschlaggebend waren, eröffneten sich ihnen ganz neue Büdungs-chancen.

„Euripides, Aristophanes, Piaton und schließlich Xenophon, die für mein Thema vorrangigen Autoren, sprechen immer wieder von Frauen. Diese vielfache Erwähnung legt den Schluß nahe, daß

gegen Ende des fünften Jahrhunderts in Athen im Verhalten der Frauen für die Zeitgenossen Auffallendes lag. Sie haben in der allgemeinen Erziehungsdebatte, die Athens Gemüter infolge der Sophistik erhitzte, sehr wohl mitgeredet", meint Edith Specht.

Wie entscheidend manche Frauen das Geistesleben mitbestimmten, zeigt etwa das Beispiel Aspasias (ca. 470 - 410 vor Christus), der späteren Frau des Peri-kles (ca. 500 - 429 vor Christus). Der berühmte Athener Staatsmann soll, wie eine sehr frühe Quelle berichtet, die Kunst der Rhetorik von Aspasia gelernt haben.

Diese ersten Emanzipationsbestrebungen erstreckten sich aber nicht auf den rechtlichen Bereich. Die „klassische Athenerin" galt weiterhin nicht als Staatsbürger und konnte daher auch keine politischen Entscheidungen treffen. Auch in der Berufswelt, die nicht als Lebensziel galt, spielten Frauen noch eine geringe Rolle.

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