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Fasten unterm Sichelmond

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Der Fastenmonat Ramadan: Das heißt für die rund 90.000 Muslime in Österreich — damit sind sie die drittgrößte anerkannte Glaubensgemeinschaft — kein Essen und Trinken vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang. Das heißt an jedem Tag des heiligen Monats des Islam um 2 Uhr früh aufstehen, frühstücken, vier der fünf vorgeschriebenen Gebete während der Arbeitszeit verrichten, dann erst wieder um 21 Uhr eine Mahlzeit einnehmen und im fünften und längsten Gebet des Tages in sich gehen.

Wen würde es daher nicht wundern, wenn die österreichischen Muslime — zu 90 % Arbeiter — in unserer industriellen und christlichen Umwelt ihre Religion ungehindert ausüben könnten?

Doch nur wenige Beschwerden erreichen den „Moslemischen Sozialdienst“, einen 1963 gegründeten karitativ-religiösen Verein. Auch Ahmad Abdelrahimsai, Präsident der islamischen Religionsgemeinde für Wien, Niederösterreich und Burgenland, spricht von einem ausgezeichneten Verhältnis zu Behörden und Arbeitgebern.

Als in einer Seidenweberei in Telfs in Tirol, die an die 300 Muslime beschäftigt, der Beginn der Schichtarbeit mit dem Ende des Fastens um 21 Uhr zusammenfiel, genügte ein Anruf in der Generaldirektion zur Lösung des Problems. Man räumte den türkischen und jugoslawischen Kollegen islamischen Glaubens ein, die Abendmahlzeit und das letzte Gebet des Tages in der Fabrik zu verrichten und erst um 22 Uhr mit der Schicht zu beginnen.

Auch Personalchefs und Vorarbeiter großer Baufirmen sprechen ihren muslimischen Arbeitnehmern gerade im Ramadan großes Lob aus, weiß Abdelrahimsai zu berichten: „Sie arbeiten fleißiger und konzentrierter als in anderen Monaten. Sie sind selbst- beherrschter. Nur in der Mittagspause ziehen sie sich zurück und verrichten ihr Mittagsgebet, wo sie sonst mit den Kollegen Späße treiben.“

Ebenso stellen die fünf Gebete des Tages keine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung dar, da sie nicht länger dauern als „eine

Rauchpause eines österreichischen Kollegen“.

Allerdings bekommt die islamische Glaubensgemeinde als einzige der anerkannten Glaubensgemeinschaften keine staatliche Subvention. Auch mit der Moschee im 21. Wiener Gemeindebezirk hat man Probleme. Sie liegt abseits der meisten Muslim-Arbeitsstätten und kann — vor allem Freitag mittags, zur Hauptgebetszeit — nur von wenigen erreicht werden, so daß das Gemeinschaftsgebet, das laut Muhammad „27mal besser ist“, während der Arbeitszeit kaum stattfindet.

Fazit: Österreichs Muslimen geht es bei uns „besser als in jedem islamischen Staat, besonders was die Erziehung unserer Kinder betrifft. Der von uns ausgearbeitete Lehrplan für den Religionsunterricht ist sofort akzeptiert worden, und wir sind an der Gratisschulbuchaktion beteiligt.“

Nur mit dem Türkenjahr ist Abdelrahimsai nicht glücklich: „Stellen Sie sich vor, was los wäre, würden wir ein ,Kreuzfahrerjahr’ veranstalten!“

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