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Felix Ermacora hat unser Gewissen geschärft

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Felix Ermacora, der am 13. Oktober 1923 in Klagenfurt geborene, weit über die kleine Heimat hinaus bekannte Völkerrechtler und Menschenrechtskämpfer, gehörte zu jenen Österreichern mit großer Verantwortung, die sich druckreif ausdrücken können. Mit sanfter Stimme legte der Jurist mit zwingender Logik seine Ansichten zur Situation der Menschenrechte -ob in Chile, Südafrika, Tibet oder zuletzt in Afghanistan - , zur Südtirolfrage oder zu Vertretungsproblemen der Sudentendeutschen dar.

Ich bezeichne Ermacora hier als Menschenrechtskämpfer, landläufig wird er als Menschenrechtsexperte gesehen. Aber der Experte konnte nicht umhin, sein Wissen in den Dienst der Sache zu stellen.

Mir fällt ein Gespräch mit ihm 1987 ein, als sich ein Ende des Sowjetabenteuers in Afghanistan abzeichnete: Unbestechlich -skizzierte Ermacora gegen die große Weltpolitik, gegen propagandistische Interessen sowohl der Sowjets, aber auch der USA die notwendigen Ansätze, um zu einer Lösung des Afghanistankonflikts zu kommen. Den USA sagte er, daß sich die Menschenrechtssituation in Afghanistan aufgrund einer Versöhnungspolitik des damaligen Staatschefs von Moskaus Gnaden, Naji-bullah, gebessert habe. Den Sowjets riet er, mit der afghanischen Opposition Gespräche aufzunehmen.

Nicht alles, wozu Ermacora aufgrund seines Durchblicks raten mußte, konnte in die Tat umgesetzt werden. Fest steht aber, daß er unser Gewissen geschärft hat: durch Felix Ermacora sind wir nachdenklicher, sensibler für die wesentlichen Dinge der Menschheit geworden.

Selbstbestimmung der Völker war für Ermacora nicht nur ein juristischer Begriff, sondern „eine Frage des europäischen Gewissens”. Er wurde nicht müde, Selbstbestimmung als Recht einzufordern, mit besonderer Vehemenz für Südtirol, dessen Autonomie ihm nie ganz genügte. Selbstbestimmung, das heißt, souverän über sein Schicksal zu entscheiden, dafür auch verantwortlich zu sein, war für Ermacora etwas Unveräußerbares.

Wir haben einen Mahner, einen Kämpfer, einen Freund und Berater verloren.

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