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Gelernt ist gelernt

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37 Prozent der arbeitslosen Jugendlichen haben eine abgeschlossene Lehre (FURCHE 40/1987). Trotzdem ist diese Gruppe noch besser dran als andere Job-Anwärter.

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37 Prozent der arbeitslosen Jugendlichen haben eine abgeschlossene Lehre (FURCHE 40/1987). Trotzdem ist diese Gruppe noch besser dran als andere Job-Anwärter.

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Jahr für Jahr entscheiden sich mehr als 45 Prozent der Pflichtschulabsolventen für eine Lehre. Oft wird vergessen, daß die „duale Ausbildung“, also die Berufsausbildung in Betrieb und Berufsschule, den in quantitativer Hinsicht bedeutendsten Bildungsweg der Jugendlichen über 15 Jahre darstellt.

Dieses System der Lehrlingsausbildung führt dazu, daß wir in der Altersgruppe der Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr keine nennenswerte Arbeitslosigkeit zu verzeichnen haben.

90 Prozent der 20- bis 29jähri-gen, die eine Lehre absolviert haben, sind erwerbstätig. Im Bevölkerungsdurchschnitt sind dies nur 76 Prozent. Die Lehrlingsausbildung führt damit ihre Absolventen zu höheren Erwerbsquoten als andere Bildungsgänge. Bemerkenswert ist dabei auch, daß diese Berufstätigen maßgeblichen Anteil am österreichischen Wjirtschaftsgeschehen haben. Zwischen 1971 und 1981 hat sich die Zahl der beschäftigten Lehrabsolventen um fast 250.000 erhöht: von 968.000 auf über 1,210.000.

Demgegenüber ist in der FURCHE 40/1987 vom 2. Oktober ein erhöhtes Beschäftigungsrisiko für Lehrabsolventen behauptet worden, und zwar mit dem Hinweis, daß 37 Prozent der arbeitslosen 19- bis unter 25jährigen eine Lehre abgeschlossen hätten.

Diese Quote von 37 Prozent wird jedoch erst in ihrer tatsächlichen Bedeutung verständlich, wenn man die Größenordnung der Zahlen begreift, um die es hier geht: Im Juli 1987 gab es nach Auskunft der Arbeitsmarktverwaltung insgesamt 28.432 vorgemerkte Arbeitslose dieser Altersgruppe; die Anzahl arbeitsloser Lehrabsolventen belief sich demgemäß also auf 10.520. Die heute 19- bis maximal 25jährigen sind in den Jahren 1963 bis 1968 geboren; es war dies die Zeit der geburtenstarken Jahrgänge, in denen jährlich zirka 120.000 Geburten verzeichnet wurden.

Da der Anteil der Lehrabsolventen am Geburtenjahrgang sich auf rund 40 Prozent beläuft und die Erwerbsquote von Lehrabsolventen bei 90 Prozent liegt, kann damit gerechnet werden, daß etwa 259.200 Berufstätige der gebannten Altersgruppe eine Lehre absolviert haben. Das bedeutet, daß von allen berufstätigen Lehrabsolventen im Juli dieses Jahres lediglich 4,1 Prozent ohne Beschäftigung waren, wobei in diesem Prozentsatz die normale Sucharbeitslosigkeit enthalten ist.

Überdies ist für eine aussagekräftige Abschätzung der tatsächlichen Arbeitsmarktlage der Lehrabsolventen die Nachfragesituation ebenso wichtig. Den arbeits-suchenden Lehrabsolventen steht die bei weitem größte Zahl offener Stellen gegenüber (siehe Tabelle). Daher ist auch die Zahl der Arbeitssuchenden pro offener Stelle für diesen Bildungsabschluß am günstigsten.

Von der Qualifikation wären am ehesten die Absolventen der Berufsbildenden Mittleren Schulen mit den Lehrabsolventen vergleichbar. Doch ist bei diesen, genauso wie bei anderen Absolventen weiterführender Schulen, die Anspruchsberechtigung für eine

Arbeitslosenunterstützung nicht gegeben, sodaß hier die Voraussetzungen, sich an das Arbeitsamt zu wenden, andere sind.

Die erwähnte Kritik an der Lehrlingsausbüdung erweist sich mithin nicht nur als größtenteils unrichtig, sondern verkehrt die Tatsachen auf dem Arbeitsmarkt geradezu in ihr Gegenteü. Denn für keinen anderen Bildungsabschluß finden sich derzeit vergleichbar günstige Beschäftigungschancen wie für ausgelernte Lehrlinge.

Die Autoren sind Mitarbeiter des Wiener Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft

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