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Gerechtigkeit ist mehr als ein Wort

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Der österreichische Ent-wickiungsdienst - OED - hat keine Zeit zum Feiern. Die Welt lebt noch immer in der Spannung zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden.

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Der österreichische Ent-wickiungsdienst - OED - hat keine Zeit zum Feiern. Die Welt lebt noch immer in der Spannung zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden.

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2.567 Jahre im Dienst der Dritten Welt: als am 18. September 1961 die ersten vier österreichischen Entwicklungshelfer vom Wiener Südbahnhof aus in Richtung Tansania abreisten, konnten sie noch nicht ahnen, daß ihnen in den nächsten 25 Jahren weitere 1.084 engagierte junge Österreicher in insgesamt 42 Länder folgen werden. Ihre gemeinsame Motivation: dem Reden von mehr Brüderlichkeit und Gerechtigkeit in der Welt konkrete Taten folgen zu lassen, ihr Wissen und ihre beruflichen Fähigkeiten den Menschen in den sogenannten Entwicklungsländern zur Verfügung zu stellen.

Die ersten Entwicklungshelfer reisten noch unter der Schirmherrschaft des „Entwicklungshelferdienstes der Katholischen Landjugend“. Wenige Jahre später verbündeten sich die Katholische Männerbewegung, die Katholische Frauenbewegung und die Katholische Jungschar mit der Landjugend und begründeten als gemeinsame Trägerorganisation für Entwicklungshelfereinsätze den Verein „österreichischer Entwicklungsdienst -OED“.

An der Grundsatzerklärung über die ÖED-Einsatzpölitik hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert: „Christlich orientierte Entwicklung wird verstanden als Befreiung des Menschen von geistigen und materiellen Nöten und Hemmungsfaktoren, die ihn daran hindern, selber an der Verbesserung seines Lebens zu arbeiten und aktiver Mitgestalter der Welt zu sein.“

Diesem Zweck dient aber nicht nur die Entsendung von Entwicklungshelfern und Experten in die Dritte Welt, sondern auch die entwicklungspolitische Bildungsarbeit in Österreich selbst. Da gibt es noch viel zu tun.

Der Staat hält für alle bi- und multilateralen Hilfeleistungen weniger als 0,3 Prozent des Brut-tonationalprodukts bereit (womit Österreich weit unter dem OECD-Durchschnitt liegt). Auch das öffentliche Bewußtsein hat sich in den letzten 25 Jahren nur marginal zum Positiven verändert.

In diesem Klima hatte es der OED nicht immer leicht, für sein Anliegen offene Ohren zu finden. Deshalb hält der Entwicklungsdienst auch in Zukunft an zwei Grundsätzen fest: mehr als ein Drittel der Kosten der Einsätze selbst aufzubringen (Mitgliedsbeiträge, Sammlungen) sowie nur Personaleinsatz zu finanzieren. Entwicklungspolitische Prestigeprojekte und -objekte überläßt der OED lieber anderen.

Die Republik Österreich hat in den letzten 25 Jahren zu den Gesamtkosten der ÖED-Entwick-lungshelfereinsätze 264 Millionen Schilling beigetragen. Die Gesamtkosten der ÖED-Entwick-lungshelfereinsätze beliefen sich auf 382 Millionen Schilling.

1986 stehen dem Entwicklungsdienst 40,2 Millionen Schilling für Personaleinsätze zur Verfügung. Bei 133 Entwicklungshelfern in 14 Ländern ergibt dies pro Mann/ Frau und Jahr Gesamtkosten in der Höhe von rund 300.000 Schilling.

Kompetenz und Effizienz ohne bürokratischen Aufwand sind die Hauptargumente, mit denen sich der OED seinen guten Ruf bei den verantwortlichen Politikern und in der Öffentlichkeit erworben hat. Und dennoch blieb die konkrete Einsatzpolitik des OED in den letzten Jahren nicht unumstritten. Am Einsatzschwerpunkt Nikaragua schieden sich wiederholt die Geister.

Deshalb organisierte der OED für österreichische Journalisten wohl auch zwischen 28. August und 13. September eine Informationsreise nach Nikaragua. Wer den konkreten Einsatz miterleben durfte, wird verstehen, warum sich der OED von diesem Engagement nicht zurückzieht: die dort eingesetzten Entwicklungshelfer sind alles andere als „nützliche Idioten“. Sie sind schlicht und einfach „nützlich“ — für die Menschen. Der OED kann offenbar noch in schwierigsten Situationen Hoffnung vermitteln. Und das Engagement der Entwicklungshelfer ist das schönste Geburtstagsgeschenk.

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