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Konservativer Denker

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Nathan Milstein erzählt weniger von seinem Leben als er seine Ansichten mitteilt - und die sind auch tatsächlich hochinteressant. Als er sieben Jahre alt war, bekam er Geigenunterricht „verordnet”. Eigentlich spielte er viel lieber Fußball. Schon mit 13 bekam er den legendären Lehrer Leopold Auer, aber Milstein blieb bis in sein hohes Alter bei der Meinung, daß „die Rolle des Lehrers bei der Entwicklung einer künstlerischen Begabung überbewertet” werde.

Lebensfreund Wladimir Horowitz und er durften als „Kinder der Revolution” ins Ausland: zur Weiterbildung und zur Kulturpropaganda. In den Pariser Salons entwickelte sich durch Strawinsky, Cocteau, Honeg-ger, Braque, Picasso und andere sein Weltbild. Deshalb sind seine politischen Ansichten noch interessanter als seine musikalischen. „Für mich ist Kommunismus das gleiche wie Faschismus, nur schlechter organisiert-mit ineffizienter Industrie und kaputter Landwirtschaft... Linke im Westen wollen diese Parallele nicht wahrhaben” : So bekam er von Claudio Ab-bado und Maurizio Pollini die Einladung, für „die Familien von Opfern des Faschismus” zu spielen. Er sagte zu, „allerdings unter der Bedingung, daß man auch für Opfer des Kommunismus ein Konzert veranstalte. Weder von Abbado noch Pollini bekam ich jemals eine Antwort.”

Natürlich gibt es auch ein Fülle von Gedanken über Musik. Wer Milstein spielen hörte, wird wissen, daß er da viel zu sagen hatte. Aber daß er so lebhaft und engagiert das politische Leben seinerzeit verfolgte, das ist die eher ungewöhnliche Erfahrung, die dieses von Salomon Volkov offenbar nach vielen Interviewsitzungen zusammengestellte, hochinteressante Buch vermittelt. 16 Seiten Personenregister versprechen da nicht zuviel.

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