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Krystyna Jaworska

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Wenn die Christen im Advent Sonntag für Sonntag eine Kerze mehr entzünden, tun die Juden etwas Ähnliches am siebenarmigen Leuchter: Sie feiern Chan-nukkah, Erinnerung an ein Lichtwunder bei der Neueinweihung des Tempels in Jerusalem nach dem Sieg von Judas Makkabäus über die Syrer.

Christen und Juden auf dem Weg durch das Dunkel der Nacht zum Licht, zur Freiheit, zur Wahrheit, zum Leben: Für beide hat Simon Wiesenthal eine Kerze entzündet — mit dem Buch „Krystyna (Die Tragödie des polnischen Widerstands)“.

In diesem „Tatsachenroman“ schildert der galizische Jude Wiesenthal, dessen Kennzeichnung als ,JHazijä-ger“ seiner sensiblen, von tiefer Humanität geprägten Persönlichkeit nicht gerecht wird, das Schicksal einer 22jährigen Polin im Widerstand gegen deutsche und russische Besatzer.

In Lemberg wurde sie am 6. Juli 1943 von einem NS-Schergen erschossen — als vermeintliche Jüdin, was sie, obgleich ein Irrtum, nicht korrigierte, um andere Widerständler nicht zu gefährden. Ein stellvertretender Opfertod, der auch Christen erschüttern muß.

Einen Tag vor ihrem Tod hat Krystyna sich einer Schicksalsgefährtin im Gefängnis anvertraut, die später dem Autor berichtete. Dieser stellte Nachforschungen an, eruierte den Schreibtischmörder (der nach dem Krieg wohlbestallter Möbelhändler war) und erzählt nun ihre Geschichte vor dem Hintergrund des Schicksals ihres Volkes in jenen Jahren.

Wir lernen NichtJuden kennen, die für Juden sterben, einen deutschen Soldaten mit Gestapo-Ausweis und Charakter, einen polnischen Verräter und seine ,Jiinrichtung“ durch einen Widerständler — kurz: ein sehr differenziertes Panorama ohne Schwarzweißmalerei, das uns auch Polen besser verstehen läßt. Und die Menschen.

Im selben Jahr, in dem Simon Wiesenthal ins KZ kam (1941), entrann diesem der Katholik Wladislaw Bartos-zewski, schloß sich dem Widerstand an und schuf eine Hilfsorganisation für verfolgte Juden: in einem Land, das nicht weniger den Antisemitismus kannte als andere. Etwa das unsere.

Daß es in Polen die Helden des Widerstands zu Tausenden gab und Christen, die für Juden kämpften und litten, macht den Unterschied zu Osterreich aus, den wir heute der Welt so schwer erklären können.

Wenigstens selbst sollten wir ihn verstehen lernen. Die Bücher Bartoszewskis und Wiesenthals beleuchten den Weg dorthin.

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