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„Mein Kampf" - ein Bestseller in Polen

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Der Zusammenbruch des Kommunismus treibt in den Reformländern des Ostens seltsame Blüten. In Polen haben sich diese Blüten jetzt auch braun verfärbt.

„Die Juden und die Deutschen, die immer und um jeden Preis Polen zu beherrschen versuchen, sind Schuld am gegenwärtigen Zustand des Landes", verkündete zwar schon vergangenes Jahr die chauvinistisch-orientierte Partei der „Nationalgemeinschaft Polens" ihren Landsleuten.

Jetzt, 50 Jahre nach der „Endlösung der Judenfrage", findet auf einmal auch Hitlers „Mein Kampf in Polen reißenden Absatz. Die privat hergestellte Raubkopie gehört seit Monaten - neben dem an Schmähworten gegen Politik, Regierung und Kirche kaum zu überbietenden Blatt des ehemaligen kommunistischen Regierungssprechers Jerzy Urban „Nie" (Nein) - zu den Verkaufsschlagern des Landes.

Ist das nur Ausdruck der neuen Freiheit eines jahrzehntelang geknechteten Landes? Lesen zu dürfen, was man will? Wohl kaum. Hier müßten die Polen wohl andere Sorgen haben. Stimmt nicht doch die Maxime: „Aus der Geschichte nichts gelernt?" Auschwitz, Majdanek, Treblinka... Das sind für die polnische Geschichte nicht einfach „nur" historische Schauplätze und Ereignisse wie die Napoleonischen Kriege. Sie bleiben für immer Orte menschlichen Entsetzens und des Unbegreiflichen.

Wenn dieser Tage Wladyslaw Barto-szewski, Polens Botschafter in Wien, als Ehrenbürger des Staates Israel und einer der „Gerechten" geehrt wird, ist das Anlaß zur Freude. Aber er kann damit nicht das Feigenblatt der gesamten Nation werden.

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