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Mist- und Sumpfblumen

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Zu des „Schulfunks Mistblumen“ (Staberl in der „Kronen-Zeitung“) haben sich inzwischeneinige Dotterblumen gesellt, die bekanntermaßen in sumpfigem Gelände besonders gut gedeihen; neuerdings also auch wieder im ORF.

Auslösendes Moment für das zum Valentinstag gerade rechtzeitige Auftauchen der Mist- und Sumpfdotterblumen war eine als „Schulfunksendung“ deklarierte Produktion des Landesstudios Steiermark: Den Jugendlichen wurde ein „Gedicht“ des „Dichters“ Gerhard Rühm aufgetischt, in dem sich eine auf den Rasen scheißende Tulpe noch am vornehmsten benimmt. Andere Blumen können mehr.'..

Wie es zu dieser Sendung kam: Dem Landesstudio Steiermark wurde ein Sendetermin für eine Schulfunksendung vorgeschlagen. Die Sendung, die sich mit Literatur befaßte, wurde unter Zeitdruck produziert. In der Folge wurde der für die Approbation als Schulfunksendung vorgeschriebene Begutachter nicht mehr beigezogen.

So kam es zu den Mistblumen, für die das Landesstudio Steiermark (und sicher nicht der Unterrichtsminister) die volle Verantwortung trägt.

Zu den Sumpfdotterblumen kam es, als das von der SPÖ heftig ungeliebte SPÖ-Mit-glied Kurt Dieman in einem Gastkommentar für das Studio Niederösterreich öl in das schon brennende Feuer goß:

Er bezeichnete das unrühmliche Rühm-Gedicht als „Muster jener Anal-, Fäkal- und Pornoliteratur, die modern wurde, seit ein Minister den Pornographieparagraphen aus lauter Modernität ersatzlos streichen ließ, seit ein anderer Minister die Kultur verwaltet und sich dabei von besonders eifrigen Vertretern besagter moderner Literatur beraten läßt: mit einem Wort, seit sich Österreich auf einem gewissen österreichischen Weg befindet ...“

Daß Dieman mit seinen kritischen Kommentaren für das Landesstudio Niederösterreich ausgewachsene Kraftproben zwischen der SPÖ und dem ORF zu provozieren imstande ist, kann als bekannt vorausgesetzt werden (man erinnere sich an den Clinch mit Hannes Androsch im letzten Sommer).

Diesmal ist die Szene aber eine andere: Während Otto Oberhammer sich im letzten Sommer über Diemans Schüsse auf Androsch nur mäßig alterierte, gab Gerd Bacher gleich eine öffentliche Erklärung gegen Dieman ab: Meinungskommentare könnten und sollten kritische Standpunkte zum Inhalt haben, nicht aber pauschale und herabsetzende Wertungen einer Partei.

Gerd Bacher, der in der Bestellung Ernst Grissemanns zum In-der-Maur-Nachfolger auf die SPÖ angewiesen ist, hat sich mit seiner Anti-Die-man-Erklärung auf die Seite der SPÖ gestellt.

Bleibt die Möglichkeit, daß der ORF doch noch im Wahlkampf zu Ehren gelangt. Kurt Dieman wird seinen Beitrag dazu leisten: Demnächst erscheint im Verlag Styria ein Buch mit den gesammelten Dieman-Kommentaren in FURCHE und Hörfunk. Der Titel klingt sehr aktuell: „Ich sehe rot.“

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