Keinesfalls Agenten von Litigation PR

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Gedanken zum angemessenen Umgang der (Qualitäts-)Medien mit Ligitation PR.

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Gedanken zum angemessenen Umgang der (Qualitäts-)Medien mit Ligitation PR.

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Litigation PR. So nennt man auf Neudeutsch die Versuche von Parteien, die vor Gericht stehen, Lobbying für die eigene Sache zu machen. Man konnte – quasi als Lehrstück (oder gar Bubenstück?) – rund um Sebastian Kurz und seine gerichtlichen Kalamitäten sehen, wie das funktioniert: Zuerst die Ankläger auf die mediale Anklagebank befördern, indem man ihnen böse – und jedenfalls: politische – Ansichten unterstellt. Dann dem Richter am Zeug flicken und öffentlichkeitswirksam an seiner Glaubwürdigkeit herumwerkeln – in der Hoffnung, dass dann auch vor Gericht etwas hängenbleibt.

Grundsätzlich mag einem Beschuldigten zugestanden sein, sich derartigen Lobbyings zu bedienen. Wobei schon dazuzusagen ist, dass die Justiz ja systemisch vorzusorgen versucht – über Instanzenwege, Berufungen etc. – Fehlurteile möglichst hintanzuhalten. Aber auch hier sticht die Aufmerksamkeitsökonomie längst die Behäbigkeit des Rechtsstaates aus.

Es ist eine umso wichtigere Aufgabe der Medien, hier die (Rechts-)Sache im Blick zu haben und nicht freiwillige oder unfreiwillige Agenten von Litigation PR zu werden. Das ist gewiss alles andere als einfach, aber wer denn sonst, wenn nicht Qualitätsmedien können einen Weg durchs Wirrwarr zwischen faktenbefreiter PR und dem, was Sache ist, zu finden versuchen?

In den Gerichtsprozessen, die die Chats von Thomas Schmid zum Ausgang haben, finden sich aber nicht nur Ex-Politiker wieder, sondern auch Medien. Dass via Inseratenkorruption Berichterstattung gekauft wurde, geistert da herum und wird wohl gerichtsanhängig werden. Und dass da auch im Blick der Justiz stehende Medien in eigener Sache Litigation PR betreiben, verwundert nicht: Eva Dichand etwa, die Verlegerin des Gratisblatts Heute, stilisierte sich in Kommentaren in der eigenen Zeitung zum Justizopfer. Und Wolfgang Fellner, der noch rabiatere Boulevardkollege, wütete in den TV-Shows seines Senders gegen den Ausgang des Kurz-Prozesses, was das Zeug hielt. Wir verstehen ja, dass die Nerven in diesen Medienhäusern blank liegen. Aber nochmals: Medien dürfen keinesfalls Agenten von Litigation PR werden. Auch nicht in eigener Sache. Es gibt ja professionelle Regeln – etwa die Trennung von Bericht und Meinung –, um Beeinflussung und Lobbying jedenfalls einzuhegen. Mag sein, dass Inserate Schalten für wohlwollende Berichterstattung das Geschäftsmodell der schwarzen Schafe der Medienbranche ist. Qualitätsmedien sollten sich dagegen sichtbar und klar verwahren, wo es nur geht.

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