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Papstattentat: Moskaus KGB im Hintergrund

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Was die Richter im Prozeß gegen den Papstattentäter Mehmet Ali Agca vermuteten, aber bei der Urteilsbegründung nicht aussprachen, liegt nun nach der Veröffentlichung des Urteilstextes offen: Im Hintergrund des Anschlags durfte der sowjetische Staatssicherheitsdienst KGB gestanden sein.

Zum selben Schluß kam ein britischer Journalist auf Grund von Andeutungen italienischer Kolle-

gen und Polizeiexperten schon früher. Julian Manyon schilderte in der ..Times" und danach in ..Paris Match" seine Recherchen und deren sensationelle Ergebnisse.

Zunächst: Wer konnte Interesse haben, den Papst zu töten? Doch kaum ein Täter, der nichts anderes war als ein Killer der rechtsradikalen „Grauen Wölfe".

Der Papst hatte nicht nur immer wieder sein unmittelbares Interesse an den Geschehnissen in seiner Heimat bekundet Er hatte auch die Absicht angedeutet, erneut nach Polen zu fahren, um dem sterbenden Kardinal Wyszynski die Krankenölung zu spenden.

Ein zweiter Besuch - nach dem Aufbruch der „Solidarität" - aber hätte gezeigt, daß Polen eine Einflußzone des Vatikan mitten im sowjetischen Reich ist, zitiert Manyon die Meinung italienischer Kollegen.

Agca selbst bezeichnete sich in den Verhören als ,4nternationaler Terrorist" ohne ideologische Richtung. Wie war er von rechts außen in den Einflußbereich östlicher Hintermänner geraten?

Agca hatte in seinem Heimatdorf Kontakte zu rechts- wie linksradikalen Gruppen gehabt, bevor er sich im Libanon in einem Palästinenserlager militärisch ausbilden ließ.

Als er den Chefredakteur der liberalen Zeitung ,>Iillyet" erschoß, gehorchte er sicher Anweisungen der extremen Rechten. Seine Festnahme, seine Einliefe-rung in das Militärgefängnis Kartal hätte seine Terroristenlaufbahn endgültig abschließen müssen.

Aus dem bestgehüteten Gefängnis des Landes, inmitten eines enormen Militärlagers, entwich er jedoch genau fünf Monate nach seiner Festnahme, in der Uniform eines Soldaten und mit

Wissen von mindestens acht seiner Wächter - wer stand im Hintergrund?

Ende 1979 tauchte Agca in Deutschland auf - in Gesellschaft von türkischen Waffenschmugglern, die seit Jahren Hunderttausende von Waffen an linke wie rechte Gruppen in der Türkei lieferten. Diese Waffen aber liefen über Bulgarien, dessen Außenhandelsunternehmen Kintax ebenso wie sein Geheimdienst -nach Manyons Recherchen — den Schmuggel förderten - ebenso um Devisen zu bekommen, wie um das NATO-Mitglied Türkei zu unterminieren.

Von Kontakten zu einem Bulgaren namens Mustafa Eof berichtete Agca selbst — Eof aber ist nach Meinung italienischer Fahnder Agent des bulgarischen Geheimdienstes (der wiederum mit dem KGB zusammenarbeitet) und war der Mann im Hintergrund des Attentats. Die Anweisungen hierfür dürfte Eof Agca Ende 1980 in Tunis gegeben haben.

Die Verbindung zwischen Agca und Eof stellte Omer Mersan, einer der türkischöi Waffenschmuggler in Deutschland her. Jene türkischen Freunde, die Manyon Mersans Adresse verrieten, erhielten Todesdrohungen …

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