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Papst-Attentat: Warum redet Agca auf einmal ?

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Siebzehn Monate lang hatte Ali Agca, der verhinderte Papst-Mörder, geschwiegen. Das nährte nur den Verdacht, er vertraue ungebrochen auf seine mutmaßlichen Hintermänner. Die Rede von der „internationalen Verschwörung", die in Italien stets umgeht, wenn sich Verbrechen nicht aufklären lassen, hat aber jetzt neuen Auftrieb erhalten.

Endlich packte Agca doch noch aus, und seine Redseligkeit hatte Folgen: Vorige Woche wurde der Bulgare Sergej Iva-now Antonow verhaftet.

Antonow leugnet beharrlich, .mit Agca irgendetwas zu tun zu haben und wird von seinen Kollegen im Büro der bulgarischen Luftverkehrslinie in Rom mit Alibis und von der Sofioter Regierung mit Protesten unterstützt. Die Flut von Gerüchten und mysteriösen „Tatsachen"-Behauptungen, die der Fall trotz amtlichen Schweigens wieder ausgelöst hat, dürften langsamer verebben als in ähnlichen Fällen der italienischen Skandalchronik. '

Immerhin ist die Haftbeschwerde des Bulgaren gerichtlich abgewiesen worden; fest steht auch, daß der Türke Ali Agca ihn und einen weiteren Bulgaren mit diplomatischem Status zwar nicht mit Namen, aber per Personenbeschreibung und Adresse als seine Kontaktleute enttarnte. Sie sollten ihm an jenem 13. Mai 1981, so behauptet er, die Flucht vom Petersplatz ermöglichen.

Was aber ließ den Türken erst jetzt aussagewillig werden? Etwa der Aufstieg des ehemaligen KGB-Chefs Jurij Andropow an die Kreml-Spitze? Und wie lassen sich von den Aussagen' Ag-cas sinnvolle Fäden knüpfen, die auf die Spuren des türkischen Rechtsextremismus, des

Rauschgifthandels, des Waffenhandels und verschiedener Geheimdienste, nicht nur östlicher, führen?

Indizien übrigens, die auch den Verdacht aufkommen lassen, daß der Anschlag auf den Papst mehreren „Zentralen" dazu gedient haben könnte, einander in die Schuhe zu schieben, wofür vielleicht keiner von ihnen verantwortlich ist, zumindest unmittelbar.

Wie falsch und wie hoch da gespielt wird, läßt der Blick auf einen geheimnisvollen Mann ahnen, der durch die Ermittlungen spukt und dessen man bisher nicht habhaft werden konnte. Der hatte nachweislich mit dem Attentäter zu tun, reiste mit australischem Paß, tauchte bald in Rom und Palermo, bald in Sofia und Tunis auf, und hinterließ, nachdem er verschwunden war, nur diese Indizien: acht Millionen Dollar in Banknoten und bulgarisches Kleingeld in einem römischen Banksafe.

Der Transitweg der Türken durch Bulgarien, auf dem sich auch solche Leute zu bewegen pflegen, ist natürlich überwacht. Aber er läge nicht auf dem Balkan, wenn seine Kontrolleure dabei nicht auch ihre privaten Geschäfte besorgen würden ...

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