Beverly Hills 90210: 44 heilige Minuten

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Es ist ein Unterschied, ob man große Angst davor hat erwachsen zu werden, oder ob man weiß, wie es ist – und immer noch Angst davor hat, findet Brigitte Quint. Was reiche Jugendliche aus LA damit zu tun haben, lesen Sie in ihrer Essenz.

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Es ist ein Unterschied, ob man große Angst davor hat erwachsen zu werden, oder ob man weiß, wie es ist – und immer noch Angst davor hat, findet Brigitte Quint. Was reiche Jugendliche aus LA damit zu tun haben, lesen Sie in ihrer Essenz.

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Beverly Hills 90210. Brenda, Brandon, Kelly, Donna, Dylan, die spießigen Walsh-Eltern. Zehn Staffeln, 293 Episoden. Ich habe ein RTL+-Abo abgeschlossen, um mich auf eine Reise in die Vergangenheit zu begeben; eine Lebensphase poppt auf, die aufregend war und bedrohlich und grandios und beängstigend und bittersüß und alles gleichzeitig und nichts davon.

Wie alt war ich? Plus minus 16 Jahre. Und ich saß samstags um punkt 15.45 Uhr vor der Glotze. Jeden Samstag. Ausnahmslos. Vielleicht war es auch 16.15 Uhr. Eine Freundin meint, es wäre noch später gewesen. Diese 44 Minuten waren heilig. Vermutlich, weil ich mich für eine Weile aus meiner eigenen Pubertät ausklinken und in eine andere hineinklinken konnte.

Dreißig Jahre später schreiben wir das Zeitalter der Streamingdienste. Ich könnte 12.892 Minuten, 215 Stunden, neun Tage am Stück abtauchen. Es ist reine Selbstdisziplin, die mich davon abhält. Nicht unbedingt, weil mich der Erzählstrang so beflügelt. Es ist die Erleichterung. Die Probleme, die in der Serie verhandelt werden, verbuche ich als „überstanden“. Es ist ein Unterschied, ob man nichts sehnlicher erwartet, als endlich erwachsen zu sein und gleichzeitig große Angst davor hat, oder ob man weiß, wie es ist – und immer noch Angst davor hat.

Heutzutage zieht sich eine Serie nicht mehr über ein Lebensalter oder gar die ganze Jugend, sondern über ein Wochenende oder wenige Wochen. Zumindest scheinen es die meisten so zu halten. Es werden einem keine Grenzen gesetzt. Was macht das mit einem? Nehmen die „Feel-Good“-Momente ab, weil sie nicht nach einer Folge automatisch enden? Oder sind sie noch ausgeprägter, weil die permanente Angst vor der Schlussmelodie ausbleibt?

Ich kann nur für mich sprechen. Mich katapultiert kein TV-Sender mehr ungefragt aus dem Walsh-Haus hinaus. Ich bin autonom und entscheide selbst, wann es genug ist. Als 16-Jährige wäre ich dafür zu durcheinander gewesen. Sind die Teenies heute entspannter? Sicher nicht, wenn „Beverly Hills 90210“ in ihre Lebenswelt vordränge. Die Serie wäre viel zu wenig woke. Aber mir macht das nichts aus. Ich bin alt genug, um damit umgehen zu können.

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