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Der mitleidige Vizekonsul

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Der Chef des FBI, J. Edgar Hoover, versuchte die Verantwortung auf das State Department abzuwälzen. Dem Departement war Oswald gut bekannt, nachdem dieser einen Versuch gemacht hatte, vor dem amerikanischen Konsulat in Moskau seine Staatsbürgerschaft aufzugeben. Ein allzu mitleidiger Vizekonsul riet dem jungen Mann, er solle sich das nochmal gut überlegen und dann zurückkommen. Oswald kam erst eineinhalb Jahre später zurück, um einen neuen Paß zu beantragen. Das Department habe dem FBI davon keine Mitteilung gemacht, behauptet Hoover. Das Department bestreitet dies.

Eine unklare Rolle spielt der Chef des FBI-Bureaus in Dallas, James P. Hosty. Die städtische Polizei behauptete, er habe nach dem Attentat gesagt, der FBI habe Oswald „für fähig gehalten, das Attentat zu begehen“. Hosty streitet das ab. Die Unterhaltung, in deren Verlauf er das gesagt haben soll, fand unter vier Augen statt Fest steht, daß, obwohl der FBI Oswald seit dessen Rückkehr aus der Sowjetunion unter loser Beobachtung hielt, Hosty sich vor dem Attentat wochenlang nicht um ihn gekümmert hatte.

In seinen Empfehlungen wies der Ausschuß auch darauf hin, daß die Präsidenten selbst mehr zu ihrem

Schutz beitragen müssen, indem sie die Kontakte mit der Bevölkerung beschränken. Am Morgen seines Todestages hatte John F. Kennedy prophetisch darauf hingewiesen, wie leicht es wäre, ihn mit einem Gewehr mit Zielfernrohr aus einem Hochhaus abzuschießen. Trotzdem befahl er, das Plexiglasdach seines Autos herunterzulassen, damit die Menge ihn besser sehen könne. Das Dach war zwar nicht kugelsicher, hätte es aber dem Attentäter erschwert, ihn ins Visier zu kriegen.

Präsident Johnson gibt ein öffentliches Ärgernis, indem er alle Ermahnungen in den Wind schlägt. Man gewinnt eben Stimmen nicht durch Unzugänglichkeit. Er rationalisiert seinen Leichtsinn mit der Feststellung, der Präsident sei weniger in Gefahr, wenn er sich unerwartet unter die Menge mische, als wenn er einen vorher bekanntgegebenen Plan einhalte.

Der Hauptgrund für die Unmöglichkeit, den Präsidenten ausreichend zu schützen, wurde kürzlich von J. Edgar Hoover präzisiert. Der FBI-Chef meinte, um den Präsidenten völlig zu sichern, müsse man während seines Aufenthaltes in einem Ort alle verdächtigen Leute zumindest unter Hauearrest setzen. Solche totalitären Methoden aber würde die Bevölkerung ablehnen.

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