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Wahlschatten im Burgenland

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Burgenländische Landespolitiker aus beiden politischen Lagern machen kein Hehl daraus, daß der Landespolitik eine neue Krisenphase bevorsteht. Man muß mit ihr nicht erst rechnen, meinen andere, denn die Krisenphase sei bereits Charakteristikum der gegenwärtigen Landespolitik. Verschiedene Ursachen mögen dazu beitragen. Das Koalitionsklima hat sich in letzter Zeit eheT verschlechtert als verbessert. Resigniert und enttäuscht spricht man in beiden Parteien der Landeskoalition von der Haltung des Bundes gegenüber dem ärmsten aller Bundesländer. Auch unter dem Kabinett Gorbach II wird sich in dieser lebenswichtigen Angelegenheit des Burgenlandes kaum etwas ändern.

Daher fällt in den Becher aller politischer Bemühungen ein Wermutstropfen der Resignation. Dieser Umstand trägt in sich die Gefahr einer politischen Radikalisierung, die heute oder morgen akut werden kann. Sie ist nicht nur bei den Politikern, sondern auch beim Volk eine Möglichkeit für geheime politische Verführung und zur inneren Emigration aus der demokratischen Lebensordnung. Im Burgenland heißt dies angesichts dieser Umstände irgendwo hoffen wider die Hoffnung. Aber es wäre sehr einseitig, wollte man alle Mangelerscheinungen, die die politischen Infrastrukturen des Burgenlandes aufweisen, auf das Konto des Bundes buchen. Es gibt noch andere Faktoren, die die derzeitige Krisenphase begünstigen oder gar zur Auslösung bringen.

Drei zu drei

Seit zwei Legislaturperioden muß die ÖVP mit einem einzigen Mandat Vorsprung regieren. In der Landesregierung ist die totale Koalition verwirklicht. Man sitzt sich drei zu drei gegenüber. Alle Beschlüsse müssen in voller Einstimmigkeit gefaßt werden. Sowohl Gesetze als auch andere Unternehmungen, die in der Koalitionsschmiede zurechtgehämmert werden, erweisen sich dann nicht selten als Fehlkonstruktionen und als spätere Streitobjekte, obwohl man sie ursprünglich einstimmig beschlossen hatte. Totale Koalitionen mit stark angeschlagenem oder zwiespältigem Koalitionsgeist sind eher ein Zerrbild als ein Idealbild der politischen Zusammenarbeit. Ist schon eine totale Koalition an und für sich ein kompliziertes Gebilde, so muß sie ein tragisches und politisch impotentes Gebilde werden, wenn an Stelle des substan-ziell notwendigen Koalitionsgeistes Parteigeist, Klassenkampfgeist in neuer Auflage, parteipolitischer Argwohn, kombinierter Gruppenegoismus und schwerwiegendes Mißtrauen tritt, das zur Liquidierung nicht nur des ehrlichen Partnerschaftsgedankens, sondern auch zur Zerstörung der Vertrauensbasis alles gemeinsamen politischen Handelns, nä:n!ich der politischen Freundschaft, führt.

Wie lange noch in der Krise?

In dieser Richtung ist in letzter Zeit auf beiden Seiten auch im Burgenland, wie es scheint, gesündigt worden. Man kann eben den Koalitionsgeist nicht als ein notwendiges Übel betrachten, das man bei einem politischen Geschäft in Kauf nehmen muß, um seine Parteiziele zu erreichen. Noch schlimmer ist es, wenn man Koalitionsgeist vortäuscht, um bei nächster Gelegenheit den Partner aus dem Hinterhalt angreifen und ihn in der Öffentlichkeit erledigen zu können. Zweifelsohne hängt die gegenwärtige Krisenphase der burgenländischen Landespolitik innig mit der Krise zusammen, in die der Koalitionsgeist durch Versagen und provokatorisches Verkalten auf beiden Seiten entstanden ist. Man braucht nur auf den massiven Vorwurf der ÖVP beim letzten Wahlkampf gegenüber der SPÖ verweisen, der in der Behauptung gipfelte, eine SPÖ-Mehrheit würde die Volksdemokratie zur Folge haben. Seither sind latentes Mißtrauen und gereizte Atmosphäre das Milieu der Koalition. Daß ein solches Milieu nicht sehr günstig für die Entwicklung eines dauerhaften und die Stürme der Tagespolitik überdauernden Koalitionsgeistes ist, liegt auf der Hand. Auch die SPÖ tut das ihre, um eine Beruhigung und Stabilisierung des Koalitionsklimas eher hinauszuzögern als zu fördern. Man braucht in diesem Zusammenhang nur an die massiven Anwürfe gegen den ÖVP-Landesrat Grohotolski denken.

Der „Bögl-Kurs“

Dazu muß noch beachtet werden, daß die SPÖ seit Jahren innerparteilich nicht zur Ruhe kommt. Der härtere Kurs, der mit Landeshauptmannstellvertreter Hans B ö g 1 in die SPÖ eingezogen ist, hat sich auch im Landhaus ausgewirkt. Die ÖVP war mehr oder weniger den konzilianten und nachgiebigen Ton des Vorgängers Bögls, des Landeshauptmannstellvertreters Hans W a s 11, gewöhnt und konnte sich nicht vorstellen, daß es eines Tages auch anders kommen könnte.

Dabei steht die Koalition bereits im Zeichen des zermürbenden Vorwahlkampfes. Im Frühjahr 1964 muß der neue Landtag gewählt werden. Was unter der Führung von Landespartei-obmann Alois W e s s e 1 y nicht geglückt ist, nämlich die Eroberung der Position des Landeshauptmannes, soll nun unter Bögl der SPÖ gelingen. Seit zwei Legislaturperioden verfolgt die Partei bei den Landtagswahlen dieses Ziel, und jedesmal vergeblich.

Die kleinen Funktionäre werden bereits unruhig. Daher braucht die Partei alsbald einen Wahlsieg, um die wahlpolitische Stagnation der letzten V/ahlperioden zu überwinden. In der Tat sind die Chancen der SPÖ, unter Führung Bögls die Mehrheit im Landhaus zu erreichen, nicht geringer geworden. Die Krise, die im Zusammenhang mit der Wachablöse in der Partei entstanden ist, dürfte nahezu zur Gänze Dewältigt sein. Junge Leute sind in die oberen Ränge des Parteiapparates nachgerückt. Der Ausgang der Bundespräsidentenwahl im Burgenland wird den mittleren und kleinen SP-Funk-tionären wieder neue Zuversicht geben und sie ermuntern, im kommenden Frühjahr alles aufzubieten, um das

Auf wenige andere Menschen wird man den Begriff „Menschenfreund“ mit mehr Berechtigung anwenden können als auf den amerikanischen Expräsidenten Herbert Hoover, dessen Leben nicht nur die Geschichte des kometenhaften Aufstiegs eines Selfmademan ist, sondern der seine Fähigkeiten vor allem in den Dienst der Menschlichkeit und der Nächstenliebe stellte.

Herbert Clark Hoover, der fetzt ins neunzigste Lebensjahr tritt, wurde am 10. August 1874 in dem kleinen Ort West Branch im amerikanischen Bundesstaat Iowa als Sohn eines Schmiedes geboren und verlor schon im Alter von acht Jahren kurz hintereinander beide Fiternteile. Um sich ein paar Dollars zu verdienen, war er als Zeitungsjunge und Laufbursche tätig, und in den Abendstunden arbeitete er an seiner Weiterbildung, da es sein Ehrgeiz war, Ingenieur zu werden. Tatsächlich gelang es ihm schließlich, an der Stanford University in Kalifornien zu studieren, und 1895 verließ er als Bergbauingenieur die Hochschule.

1h den Jahren bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde Hoover als Bergbauingenieur in Fachkreisen weltberühmt, seine finanziellen Erfolge waren gewaltig: durch seine Tätigkeit brachte er es im Lauf von knapp zehn Jahren zum Millionär.

Zu Beginn des ersten Weltkrieges \eitete Hoover die „Belgien-Aktion“, in deren Rahmen zehn Millionen Menschen in den von Deutschland besetzten Gebieten mit Lebensmitteln unterstützt wurden. Nach Kriegsende war es wieder Hoover, der für die Aufhebung der Blockade gegen Deutschland eintrat und die Lieferung von zwanzig Millionen Tonnen Lebensmitteln an die ausgehungerte Bevölkerung Europas ver-anlaßte. Heute noch ist diese amerikanische Hilfsaktion aus den Jahren nach dem ersten Weltkrieg vielen Österreichern in Erinnerung.

1921 erfuhr Hoover von dem Aufruf, den der russische Schriftsteller Maxim Gorki an die Weltöffentlichkeit gerichtet hatte, in dem er um Lebensmittel und Medikamente für die von einer Mißerute betroffene Bevölkerung der Sowjetunion bat. Hoover erklärte sich sofort bereit, Mittel der „American Relief Administration' zur Verfügung zu stellen, schließlich ernährte die amerikanische Organisation rund elf Millionen Russen. Bei Abschluß der Hilfsaktion, nach zwei Jahren, erhielt Hoover eine Anerkennungsurkunde vom Rat der Volkskommissare, in der ihm der Dank für die Rettung von Millionen von Menschenleben ausgesprochen wurde. Maxim Gorki schrieb ihm damals in einem persönlichen Brief: „Ich kenne in der Geschichte tätiger Menschenliebe keine andere Leistung, die sich an Bedeutung oder Großzügigkeit mit der Ihren vergleichen läßt.“

Nach seiner Ernennung zum Handelsminister der USA im Jahr 1921 bemühte sich Hoover besonders um die Steigerung des amerikanischen Außenhandels. 1928 war sein Ansehen so groß geworden, daß er von der republikanischen Partei als Präsidentschaftskandidat aufgestellt und darnach mit überwältigender Mehrheit zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde.

Die nun folgenden vier Jahre der Präsidentschaft Hoovers standen allerdings unter einem Unstern, da gerade in dieser Zeit die Weltwirtschaftskrise ausbrach und man in der Öffentlichkeit vielfach an Hoover Kritik übte. So kam es auch, daß 19.32 Hoover seinem Gegner, dem Demokraten Franklin D. Roosevelt, mit fast dem gleichen Stimmenverhältnis unterlag, mit dem er vier Jahre vorher gesiegt hatte.

Als hochgeachteter Privatmann lebte er dann während der nächsten Jahre, bis die Nachkriegszeit 1946 mit einem Schlag eine Situation schuf, die in vieler Hinsicht jener ähnelte, welche Hoover nach dem ersten Weltkrieg so hervorragend gemeistert hatte. Für den damals

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