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Steine, die glänzen und schmerzen

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Wie ist die „poetische Poesie" zu erreichen, fragt der niederländische, bisher durch Romane und Reisebücher auch in Deutschland bekannte Autor Cees Nooteboom. In einem programmatischen Eröffnungsgedicht heißt es, „Gedichte gleichen Steinen, die glänzen und schmerzen." Assoziativ nicht weit davon entfernt sind dann die musealen Waffenkammern, deren mit Elfenbein und kostbarer Ornamentik geschmückte Marterwerkzeuge uns von der Überkreuzung zweier menschlicher (oder unmenschlicher) Bedürfnisse überzeugen: zu schmücken und zu töten. „Der Tod lüpfte den Hut. So gehört es sich."

Das Schmerzlichste in der glänzendsten Bildhaftigkeit und die Jahrtausende auslotender zuzufügen: ist dies ein psychotherapeutisches Rezept, dessen sich die Kunst immer wieder annimmt? Für Georges Charles Huy s-man (1848-1907), an dessen optische Subtilität und kosmopolitische Weite der Bildung Cees Nooteboom erinnern mag, war diese Schmerzästhetik kein Trick des sprachlichen Hedonis-

mus, sondern ein Weg, der ihn zu religiösen Überzeugungen führte. Ein Jahrhundert nach Rimbaud befindet sich die Schmerzensästhetik nun freilich in einer ganz anderen Lage.

Abgesehen von der eisig-feurigen Intensität der Gedichte sind sie auch als Dokumente niederländischen Nationalcharakters begrüßenswert. Aus aller Herren Länder bringt der „Fliegende Holländer" Bilderschätze der Welt und suggestive Rollengedichte nach Hause: Wüstenruinen, Felswände, Steinpflanzen und Bäume reden zu uns in einer globalen Sprache.

GEDICHTE. Von Cees Nooteboom. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1992. 162 Seiten, öS 265,20.

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