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Zweite Schule fiir Saharauis

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Karl Blechas Versprechen ist eingelöst: Im Dezember 1981 versprach der SPÖ-Politiker den saharauischen Flüchtlingen im Zeltlager Smara nahe der algerischen Garnisonsstadt Tindouf ebenfalls eine Schule, nachdem der sozialistische Wohlfahrtsverband „Volkshilfe” zuvor sechs Schulhäuser mit je drei Klassen im Lager Dakhla an die Saharauis übergeben hatte (siehe FURCHE Nr. 50/81).

Anfang Oktober dieses Jahres war es soweit: Rot-weiß-rote Fähnchen schwingend, zogen auch die Lagerkinder von Smara in Zweierreihen in ihre funkelnagelneue Schule ei…echs Fertigteilbauten, geliefert und montiert von der Wiener Firma Brauchl.

Dazu stellte die „Volkshilfe” auch gleich die Einrichtung und Schulmaterial für ein Jahr zur Verfügung, übergab einen Steyr- Puch „Pinzgauer” als Lehrbus für mobilen Unterricht sowie 5000 Lebensmittelpakete.

Außerdem soll nach Smara ein von der Tiroler Firma Kuprian entwickelter Wassercontainer geliefert werden. Er kann das dortige, in hohem Maße verunreinigte und sehr salzhaltige Wasser nicht nur aus der Tiefe des Wüstenbodens fördern, sondern gleichzeitig auch reinigen.

Kosten dieses zweiten Volkshilfe-Entwicklungsprojektes für die saharauischen Flüchtlinge in Algerien insgesamt: über 12 Millionen Schilling.

Die schmucken Häuschen aus Österreich, umgeben von den hunderten grauen Zelten, wirken in der kargen Wüstenlandschaft des algerischen Hammada-Plate- aus etwas fremd. Gleichwohl wissen die von der Befreiungsbewegung Frente POLISARIO mit 150.000 angegebenen Flüchtlingen diese Hilfe überaus zu schätzen, zumal die Fertigteilbauten auch den gewaltigen Sandstürmen dieser Region trotzen.

Leere Klassenzimmer dürfte es in der Schule von Smara bestimmt nie geben: Es wimmelt nur so von Kindern, die neben Frauen und älteren Menschen das Lagerleben prägen. Junge Männer im waffenfähigen Alter kriegt man so gut wie nie zu Gesicht. Sie befinden sich entweder in militärischen Ausbildungslagern oder stehen in der Westsahara im Kampf gegen die Marokkaner (siehe auch FURCHE Nr. 43/83).

Den bitterarmen Saharauis in ihrem algerischen Exil will die „Volkshilfe” auch in Zukunft unter die Arme greifen. Geplant ist ein drittes Schulprojekt in Lager El Aaiun, das zusammen mit der belgischen Schwesterorganisation der „Volkshilfe” errichtet werden soll. Außerdem bereitet der SPÖ-Wohlfahrtsverband ein Berufsausbildungsprogramm für saharauische Jugendliche vor.

Als Gründe für das starke Engagement der „Volkshilfe” für die

Saharauis führt deren Generalsekretär Erich Weisbier in einem Gespräch mit der FURCHE an:

• Flüchtlingshilfe genieße bei der „Volkshilfe” ganz allgemein hohe Priorität;

• die Zusammenarbeit mit der Befreiungsbewegung Frente POLISARIO klappe ausgezeichnet und nichts deute auf einen Mißbrauch der von Österreich geleisteten Hilfe hin;

• für Österreich gelte es, Leid wiedergutzumachen, das die Marokkaner auch mit Hilfe der von unserem Land an König Hassan II. gelieferten Kürassier-Panzer den Saharauis zugefügt hätten.

Das Engagement der „Volkshilfe” für die Saharauis und Berichte von österreichischen Journalisten, die die FPOLISARIO in die von ihr „befreiten Gebiete” der Westsahara geleitete, sieht man auf marokkanischer Seite natürlich nicht sehr gern. Das beweist auch eine „Note zu einer irreführenden und absonderlichen Pressekampagne” der Wiener Botschaft des Königreiches Marokko, die dieser Tage in heimische Redaktionsstuben flatterte. Darin heißt es unter anderem:

„Uns scheint, daß es sich hier nicht um reinen Zufall handelt, sondern um eine genauest vorbereitete Kampagne, eingefädelt von den Feinden Marokko…

Freilich macht es sich die marokkanische Botschaft in ihrer Gegenargumentation zu leicht, wenn sie nur von „sogenannten Flüchtlingen” und von der FPOLISARIO als einer „aus dem Nichts entstandenen Bewegung” spricht, die „in der Bevölkerung dieses Gebietes keinerlei Basis hat und daher von außerhalb Marokkos liegenden Stützpunkten sporadisch operiert”. Ein Lokalaugenschein in der umstrittenen Konfliktregion vermittelt ganz andere Eindrücke und Erfahrungen …

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