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Zwölf Küsse für Dornröschen?

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Klarheit über das künftig politisch, wirtschaftlich und militärisch geeinte Europa hat das positive Referendum der Iren über die Maastricht-Verträge nicht geschaffen. Die politische Union bleibt nach wie vor eine unbekannte Größe. Der von Brüssel forcierte vertiefte Integrationsprozeß hat sich aber vom Dänen-Rückschlag erholt.

In rechtlicher Hinsicht ist Maastricht aber tot; geht es doch ausdrücklich um die Zustimmung aller zwölf Mitgliedstaaten, um den Vertrag wirksam werden zu lassen, ein Ausscheren ist nicht vorgesehen. Der Jubelschrei von Irlands Außenminister David Andrews, daß die Union von der Grünen Insel einen Lebenskuß erhalten habe, ist verfrüht.

Wer küßt das scheintote Dornröschen also wirklich wach? Haben die Regierungschefs der Zwölfergemeinschaft, die einander am Wochenende in Lissabon zu einem schwierigen EG-Gipfelmarsch treffen werden, die Münder schon gespitzt? Auf Reden mit Engelszungen kann Europa verzichten. Bisher hat man Kommissionspräsident Jacques Delors, um dessen Amtsverlängerung oder Ablösung es in Lissabon auch geht, sein Eintreten für Subsidiarität nicht abgenommen.

Aber die (schein)toten Maastricht-Verträge bedeuten nur eine Absage an eine bestimmte Form politischer Vorgangsweise* Kein Zweifel besteht an der enormen Integrationsbereitschaft europäischer Staaten. Um dies zu illustrieren hätte es gar nicht des von vorauseilendem Gehorsam nur so triefenden österreichischen Memorandums an Brüssel vom 10. Juni bedurft. Es wird nicht kalt in Europa, wie Deutschlands Ex-Außenminister dieser Tage meinte, nur weil nicht jeder - so Rudolf Augstein diese Woche im „Spiegel" - „das Geschwafel der Maastricht-Erbauer für das einzig mögliche Europa-Geschwafel hält".

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