Leakey - © Foto: APA / AFP / Yasuyoshi Chiba

Richard Leakey, der „gottlose“ Unbeugsame

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Richard Leakey, Paläoanthropologe, Naturschützer und Politiker, starb im 77. Lebensjahr in Nairobi.

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Richard Leakey, Paläoanthropologe, Naturschützer und Politiker, starb im 77. Lebensjahr in Nairobi.

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Es gibt im Leben gewöhnlich nicht sehr viel, auf das man sich etwas einbilden kann, wenn man einmal zu einiger Berühmtheit gekommen ist. Denn der Weg dorthin ist oft mit dem Verkauf des Gewissens verbunden, oft gerade jenes Stückchens davon, weshalb man berühmt werden wollte, „etwas ändern wollte“. In diesem Sinn stellte Richard Leakey auch in 57 Jahren Weltberühmtheit eine große Ausnahme dar: unverbogen, inkorrupt, unbeugsam in seinem Einsatz für die Interessen der Natur und seiner Heimat Kenia.

Das zu tun, hieß für den Sohn der berühmten Anthropologen Louis und Mary Leakey, sich auch allen konventionellen Karrieren zu verschließen. Er rebellierte gegen den Plan seiner Eltern, ebenfalls Menschenforscher zu werden, brach sein Studium ab und organisierte Großwildjagden. Es ereignete sich aber eine Kehrtwendung, auf die die Beschreibung „aus heiterem Himmel“ passt: Als Leakey eine seiner Safaris vorbereitend den Lake Turkana überflog, fiel ihm eine Gesteinsformation auf. Leakey war sofort überzeugt, das könnte eine Lagerstätte für Hominidenüberreste sein. Er organisierte nun statt einer Safari Ausgrabungen. Mit großem Erfolg. Gemeinsam mit seiner Frau Meave fand er Überreste von Homo habilis und Homo erectus. Er geriet damit in Konflikt mit Bischöfen in Kenia, die eine wörtliche Sicht der Schöpfungsgeschichte vertraten. Sie brandmarkten ihn als „gottlos“. Sie blieben nicht Leakeys einzige Feinde. In seiner zweiten Karriere drängte er als oberster Wildtierhüter Kenias die Wilderei zurück – und zwar indem er den Spieß umdrehte und Jagd auf die Wilderer machte, die er notfalls auch erschießen ließ. Das brachte natürlich auch Kritik und Feinde.

1993 stürzte sein Flugzeug aus ungeklärter Ursache ab, Leakey verlor beide Beine – und kämpfte weiter. Nun in der Politik, die er von Misswirtschaft und Korruption befreien wollte. 2004 trat er nach Todesdrohungen und Hetzkampagnen gegen ihn zurück, blieb aber in Interviews und Artikeln ein scharfer Kritiker der Korruption. Dass sein Tod ausgerechnet von Präsident Kenyatta verlautbart wurde, der selbst tief in Korruptionsvorwürfen steckt, würde Leakey nicht gefreut haben. Der unbeugsame „Gottlose“ wurde 77 Jahre alt.

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