Auf den Trümmern der Großen Acht

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Und wäre es doch nur so gewesen, wie auf den Transparenten der etwa 10.000 Demonstranten vor L’Aquila zu lesen war: „Voi G8 siete il Terremoto“; Ihr, die G8, seid das Erdbeben. Doch im Konferenzzentrum der Kaserne von L’Aquila bewegte sich weder die Erde noch die politische Welt. Und was immer an Ergebnissen groß verkündet wurde, nach wenigen Stunden war es entweder relativiert oder zurückgenommen, oder von Experten inhaltlich zerrissen worden.

Da freute sich die Welt zunächst über ein neues Klimaschutzabkommen, um gleich darauf festzustellen, dass die Ziele auf das Jahr 2050 hinausgeschoben worden waren. Da wurde den ärmsten Ländern der Welt versprochen, die Entwicklungshilfe auch in Zeiten der Krise bis zum nächsten Jahr auf 50 Milliarden Dollar jährlich zu erhöhen. Doch ein Blick in die Annalen zeigt, dass es solche Zusagen bereits seit dem G8-Treffen von Köln im Jahr 1999 gibt, die Zusagen aber niemals eingelöst werden. Immerhin soll ab nun das schlechte Verteilungszeugnis der westlichen Welt auch zu Papier gebracht werden. Deutschland setzte sich mit einer Klausel durch, die die Prüfung der Zuwendungen der einzelnen Staaten zulässt.

Keine Rede von der Wirtschaft

Dass es auch noch eine Weltwirtschaftskrise gibt, in der gerade die G8 bis über beide Ohren stecken, kam nur am Rande zur Sprache. Was immerhin den Realitätssinn der Staatsmänner beweisen mag: Alle Akkorde, die auf der Ebene der G20 zu erreichen sind, sind bereits gefallen, ein anderes Gremium – wie etwa die G8 – ist damit obsolet geworden. Doch damit stellt sich automatisch die Sinnfrage für das ehemals entscheidende Gremium der westlichen Welt. So gesehen könnte L’Aquila der Anfang vom Ende gewesen sein.

Die einzig vorstellbare Rettung aus dem Dilemma wäre, den offiziösen Charakter des Treffens sein zu lassen und es zum Ideen-Laboratorium umzugestalten, das nicht nur den G20 zuliefert, sondern auch entscheidende Impulse für die G8-Mitgliedstaaten selbst entwirft, wie es italienische und französische Kommentatoren nach dem Gipfel gefordert haben.

Gründe für eine solche Neuordnung gäbe es genug: Schließlich sind die USA, Großbritannien und Deutschland stärker als der Rest des Globus von der Rezession betroffen, ganz abgesehen davon, dass ihre Finanzmärkte und Bankmanager am Ursprung der globalen Rezession standen.

Die Zeit für Reformen ist umso drängender, je näher die wirtschaftliche Erholung rückt. Wenn die Normalisierung Platz greife, meint der Ökonom Barry Eichgreen von der Berkeley-Universität, der auch als Experte für den IMF tätig ist, werde der Druck nachlassen, Reformen durchzusetzen.

Wenn seine Erwartungen zutreffen und deutsche Konjunkturforscher recht behalten, dann drängt die Zeit. Denn erstmals seit Dezember geht die Regierung in Berlin von einer Trendwende aus. Schon für das zweite Quartal meldet das Wirtschaftsministerium ein Ende des Schrumpfungsprozesses. (tan)

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