Irak: Sündenbock gesucht

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Ist das die feine französische Art, nach Bagdad zu fahren, lautstark Unterstützung für den neuen Irak zu verkünden und, kaum wieder zu Hause, mehr oder weniger die Demission des irakischen Ministerpräsidenten zu verlangen? Aber der französische Außenminister Bernard Kouchner stößt nur in dasselbe Horn wie viele US-Politiker, die in der Person von Nuri al-Maliki den Schuldigen für das irakische Versagen ausmachen. Genauso übrigens, wie Zivilverwalter Paul Bremer ganz allein für alle Fehler der USA nach 2003 verantwortlich gemacht wird. Als wäre nicht auch er Teil eines Systems gewesen.

Lange Zeit hat der Befund über den Irak so gelautet: Die Sicherheitslage ist katastrophal, aber der politische Prozess - Verfassungsgebung, ordnungsgemäße Wahlen, eine Regierung auf breiter Basis - ist auf Schiene. Irgendwann werde sich die Kluft schließen und der erfolgreiche politische Prozess in einer Stabilisierung am Boden niederschlagen, meinte man. Aber es ist anders gekommen: Heute sieht man Verbesserungen der Sicherheitslage in einigen (wenigen) Bereichen - und die politischen Institutionen präsentieren sich als ständig vom Kollaps bedroht.

Ob ein anderer als Maliki verhindern hätte können, dass sich der politische Prozess als hohl erweist, ist mehr als fraglich. Denn er war es von Anfang an. Die Weichen wurden bereits unter dem amerikanischen Konstrukt des ersten "Regierungsrats" falsch gestellt. Malikis Vorgänger, Ibrahim Jafari, hat eine rein konfessionelle Politik gemacht. Er drängt jetzt zurück auf die politische Szene, und auch der säkulare Iyad Allawi, der erste Interimspremier, bringt sich wieder ins Gespräch. Sie haben jedoch alle nichts aufzuweisen, was das Vertrauen rechtfertigen würde, dass sie die Sache besser als Maliki machen könnten.

Die Autorin ist Außenpolitik-Ressortleiterin des "Standard".

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