Keine Chance für "Gottes Plan"

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Es ist entlarvend, wie manche Wissenschafter (und andere gebildete Menschen) auf den Kommentar von Christoph Kardinal Schönborn in der New York Times reagiert haben. Sie vermitteln den Eindruck, dass es ihnen gar nicht um Wissenschaft geht, sondern dass sie unter gar keinen Umständen eine Erfahrung zulassen wollen, dass es Gott gibt.

Dabei bezog sich Schönborn in bester wissenschaftlicher Tradition und Professionalität nur auf einen, übrigens wissenschaftstheoretisch fundierten Einwand gegen die Evolutionstheorie, den zumindest ein qualifizierter Wissenschafter ohnehin aus der Literatur kennen müsste. Zum Beispiel aus dem 1991 bereits in 3. Auflage erschienenen Buch "Die Frage Wozu? Geschichte und Wiederentdeckung des teleologischen Denkens" des Philosophen Rudolf Spaemann und des vielfach preisgekrönten Wissenschaftshistorikers Reinhold Löw.

Sie haben nicht nur Definitionsmängel und die "zirkuläre Argumentation" der Evolutionstheorie offen gelegt, wie sie zwangsläufig entsteht, wenn man schon voraussetzt, was erst abgeleitet werden soll (und da gibt es in der Evolutionstheorie vieles, etwa der Umgang mit dem Kausalitätsbegriff), sondern sie haben vor allem auch gezeigt, dass es die Begriffe der Evolutionstheorie selbst sind, die auf eine teleologische Grundlage verweisen, die nicht aus Naturgesetzen erklärt werden kann.

Der Kardinal hat nur die Aufmerksamkeit wieder auf diese längst erkannte Implikation gerichtet. Ohne die Annahme der Teleologie (Zielgerichtetheit) ist die Theorie äußerst mangelhaft, weil erklärungsschwach. Eine teleologische Grundannahme würde die Theorie sogar stärken. Aber wahrscheinlich darf dies nicht sein, weil man dazu "Gottes Plan" sagen kann.

Der Autor ist Wissenschaftlicher Direktor der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz.

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