Eine Pagode in Kärnten

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Im Gurktal gibt es seit fünf Jahren das Internationale Meditationszentrum, wo "Reisen ins Innere" in der Tradition des Theravada-Buddhismus möglich sind.

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Im Gurktal gibt es seit fünf Jahren das Internationale Meditationszentrum, wo "Reisen ins Innere" in der Tradition des Theravada-Buddhismus möglich sind.

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Weiß und zierlich fügt sie sich in die hügelige Kärntner Landschaft, die Pagode des Internationalen Meditationszentrums bei St. Michael ob der Gurk. Dort kann in stiller Umgebung jeder Interessierte eine buddhistische Meditationstechnik - in der Tradition des burmesischen Meisters Sayagyi U Ba Khin - erlernen, die besonders für berufstätige Laien geeignet ist.

Die Meditationsschüler lassen den Alltag hinter sich, hier in der hellen, weitläufigen Meditationshalle, wo sie für zehn Tage sinnlichen Freuden entsagen und versuchen, ihren Geist zu beruhigen. Mit aufrechtem Oberkörper und gekreuzten Beinen sitzend richten sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Atemfluß, konzentriert im Berührungspunkt zwischen Nase und Oberlippe. So üben sie, kontinuierlich und beharrlich, denn ein ausgeglichener Geist ist keine Selbstverständlichkeit: Erst wer seinen Geist kontrolliert, der kann gute Konzentration entwickeln, die unabdingbare Voraussetzung für jede tiefere Meditationserfahrung.

Die Theravada-Traditon, nach der in St. Michael meditiert wird, ist die älteste Spielart der jahrtausendealten Lehre des historischen Buddha. Nicht theoretisches Wissen steht im Mittelpunkt, sondern die unmittelbare Erfahrung, am eigenen Leibe sozusagen. Denn mit der tagelang geübten, nunmehr gestärkten Konzentration, führen Meditierende ihre geschärfte Aufmerksamkeit systematisch durch den Körper. Dabei beobachten sie möglichst wertfrei alle Empfindungen, die in unterschiedlichen Stärkegraden auftreten und sich dabei immer wieder verändern.

"Der menschliche Organismus besteht aus subatomaren Partikeln, die im ständigen Wechsel entstehen und vergehen", erklärte Meditationsmeister Sayagyi. Der Meditierende, der dieser kontinuierlich fließenden Unbeständigkeit gewahr wird, erkennt bald auch auf geistiger Ebene die permanente Veränderung aller Erscheinungsformen: Gedanken, Gefühle, Sinneseindrücke. Sie alle sind bedingte Zustände und daher vergänglich. Solange der Mensch versucht, diese Momente festzuhalten und für die Ewigkeit zu reklamieren, erfährt er Leiden - so lautet eine der grundlegenden buddhistischen Wahrheite". Einen Weg aus der Misere, der in seiner vollkommenen Ausprägung zum Ende des Leidens und zur Erleuchtung ("Nibbana") führt, propagierte Buddha vor 2500 Jahren. Er lehrte den "Achtfachen Pfad", bestimmt von Sittlichkeit, Konzentration, und Einsicht.

"Wir verspürten viel inneren Frieden, Harmonie und Freude durch das Ausüben dieser buddhistischen Meditationspraxis," meint Franz Neuner, Obmann des Internationalen Meditationszentrums Österreich. Gemeinsam mit Gleichgesinnten erlernte und praktizierte er diese Technik intensiv unter der Führung von Saya U Chit Tin und Mutter Sayamagyi, zwei der engsten Schüler von Sayagyi.

Nach dem Tode ihres Lehrers 1971 begannen sie, die Lehre vom Internationalen Meditationszentrum im burmesischen Yangun aus nach Europa, Amerika und Australien zu verbreiten. Dort entstanden ähnliche Zentren (mit Hauptsitz in England), die in ruhiger Abgeschiedenheit die besten Arbeitsbedingungen bieten. Geführt werden sie von den beiden burmesischen Meistern und autorisierten Regionallehrern, die in Meditationshalle und Pagode unterrichten. Im Internationalen Meditationszentrum St. Michael finden Zehn-Tages-Kurse, Wochendkurse und tägliche Gruppenmeditationen statt. Die Unterweisung ist kostenlos, für Verpflegung und Übernachtung wird ein Beitrag erwartet.

Buddhismus ist zwar in Österreich seit 1983 als Religion gesetzlich anerkannt, doch staunten Einheimische im südlichsten Bundesland nicht schlecht, als sich die zierliche burmesische Pagode des Internationalen Meditationszentrums in den Himmel hob. Allerdings hielten sie dem auch kaum etwas entgegen, als sie im Sommer 1993 eröffnet wurde. "Es hat für uns nie Zweifel an der Genehmigung gegeben", ließ Bürgermeister Leitmann wissen und sandte der Meditationsgesellschaft eine herzliche Grußbotschaft. Seitdem ist das Internationalen Meditationszentrum Österreich eine stille Zuflucht für viele - nicht nur Buddhisten - geworden, die einen Reise nach innen unternehmen wollen.

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