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Es ist still geworden um Mordechai Vanunu, denn das offizielle Israel will unangenehme Debatten vermeiden.

Mordechai Vanunu *1954

Whistleblower

Als Mordechai Vanunu 2004 nach 18 Jahren Haft entlassen wurde, galt er weltweit als Friedens-Held - in Israel jedoch nach wie vor als Verräter. Seine Biographie ist tatsächlich ungewöhnlich, selbst für israelische Verhältnisse.

Stichworte: als Kind einer streng religiösen jüdischen Familie in Marrakesh (Marokko) 1954 geboren, 1963 Einwanderung nach Israel, 1976 bis 1985 Techniker im Atomreaktor von Dimona, gleichzeitig Philosophiestudent an der Ben Gurion Universität in Beersheva, wo er sich, nicht zuletzt durch Kontakt zu arabischen (Beduinen) Studenten politisiert.

Das brachte ihn bei seiner Arbeit in Gewissenskonflikte. Er verstand das israelische Atomprojekt, nicht wie seine Initiatoren (vor allem Shimon Peres) als Garantie gegen eine Wiederholung von Auschwitz, sondern wegen der nun kritisch wahrgenommenen Regierungspolitik als Bedrohung für die Region und die Welt. Daher begann er, geheim Fotos von der Anlage zu machen, die er nach seiner Entlassung 1985 der Londoner Sunday-Times zukommen ließ. Darüber hinaus wurde er 1986 anglikanisch getauft, trat also zum Christentum über.

Diese beiden Grenzüberschreitungen (Verrat und Übertritt) machten Vanunu zum Staatsfeind, sodass sich in der israelischen Öffentlichkeit kaum Widerspruch regte, als er 1986 in Rom vom israelischen Geheimdienst Mossad entführt, des Verrats und der Spionage angeklagt und dementsprechend verurteilt wurde.

Erstaunlicherweise haben die 18 Jahre Gefängnis - davon 12 Jahre in Einzelhaft - Vanunu insofern nicht gebrochen, als er nach wie vor zu seinen Überzeugungen steht und seine Friedensarbeit, wenn auch in den usa, fortsetzen will. Die Verlegenheit für Israel (und die usa) bestand darin, dass er gerade zu dem Zeitpunkt entlassen wurde, als der Krieg zur "Entwaffnung des Irak" stattfand. Die nicht vorhandenen Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein wurden von vielen, nicht nur im Nahen Osten, mit den sehr wohl vorhandenen Nuklearwaffen in der Negev-Wüste verglichen. Verglichen wurde aber auch die Haltung der us-Regierung, die das israelische Atomprogramm toleriert beziehungsweise ignoriert, während sie die Welt gegen wirkliche oder angebliche Gefahren aus dem Irak oder dem Iran mobilisiert. Auch um diese für das offizielle Israel unangenehme Debatte zu vermeiden, wurde es inzwischen still um Mordechai Vanunu.

Der Autor ist Nahost-Experte am Österreichischen Institut für Internationale Politik (oiip)

und Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien.

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