Kraft für Körper, Geist und Seele

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Die katholische Kirche sorgt in den süd(ost)steirischen Thermen für ein attraktives Angebot für Kurgäste und Einheimische.

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Die katholische Kirche sorgt in den süd(ost)steirischen Thermen für ein attraktives Angebot für Kurgäste und Einheimische.

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Wo die Poren unserer Haut sich öffnen, da sind auch Auge, Ohr und Herz auf Empfang. Die Menschen haben hier Zeit für sich selbst und verspüren vielleicht Lust, neben dem Körper auch Geist und Seele zu stärken."

Ulrike Seifert ist Mitarbeiterin des Katholischen Bildungswerkes Steiermark und Initiatorin eines ungewöhnlichen Projekts: Unter dem Titel "Kraftquellen für Körper, Geist und Seele" hat sie für die fünf steirischen Thermen Waltersdorf, Gleichenberg, Radkersburg, Blumau und Loipersdorf eine österreichweit einzigartige Veranstaltungsreihe, die etwa im Zweiwochenrhythmus in den einzelnen Thermen stattfinden, entwickelt: Die Inhalte reichen von spirituellen und religiösen Themen bis hinein in den kreativen und folkloristischen Bereich sowie in den Bereich der Lebensprobleme.

Urlaub. Freizeit. Aus-Zeit. Mit der Zeit zum Nachdenken wird in vielen auch die Sehnsucht nach "Gehaltvollerem" wach. Und genau diese Sehnsucht wollte die engagierte Mitarbeiterin des Katholischen Bildungswerkes stillen.

"Wofür würden die Gäste aus ihren Liegestühlen aufstehen?" hat sich Ulrike Seifert gefragt. Sie wurde mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt, die ein maßgeschneidertes Zusatzprogramm ausloten sollte. "Aber da Thermendirektoren meist nicht viel von theoretischen Abhandlungen halten, haben sie mir gesagt, ich soll ihnen gleich ein fertiges Programm liefern." Das war vor zwei Jahren. Seither "sprudeln" die Kraftquellen und haben sich einen festen Platz in der Thermenregion gesichert.

Das derzeitige Programm, das noch bis Juli läuft, steht unter dem Motto "Eine Seele für Europa". Dazu gibt es Seminare, Vorträge, Kabarett und Theater sowie Auftritte von Musik- und Volkstanzgruppen aus den Nachbarländern und Ausflüge in die Umgebung der Thermen Der "Themencocktail" spannt sich von Abenden zum Thema "Spirituelle Gesundheit" und "Fasten entlastet" über "Mobbing - Stress - Burn out" bis zu Vorträgen über Teresa von Avila und einer "Spurensuche nach dem Sinn des Kreuzes".

"Im Umfeld der Therme sind die Menschen sehr offen für Fragen der Ausrichtung des Lebens", meint Seifert, Mutter zweier erwachsener Töchter: "Die Menschen haben bewusst Zeit, um sich in einer der Thermen um ihren Körper, ihre Fitness - und um ihre Seele zu kümmern."

Genau in dieser der Erholung gewidmeten Zeit brechen aber oft Konflikte auf, werden Lebenskrisen bewusst. Seifert, die seit langem in der Erwachsenenbildung tätig ist, erzählt von berührenden Momenten, in denen Gäste während ihres Kuraufenthaltes "in ein schwarzes Loch fallen". Daher arbeitet sie im Rahmen der "Kraftquellen" erfolgreich mit Therapeuten und Seelsorgern zusammen. Diese professionelle Hilfe wird gerne angenommen und reicht meist weit über den Zeithorizont des eigentlichen Aufenthaltes in der Therme hinaus.

Besonders wichtig ist der Mitarbeiterin des Katholischen Bildungswerkes auch die gute Zusammenarbeit mit allen Thermendirektionen. Ohne dieses gute Klima wäre der Erfolg der Veranstaltungsreihe nicht möglich, da er mit der Bewerbung in den einzelnen Häusern eng zusammenhängt.

Thermendirektor Alfred Hackl, verantwortlich für die Thermen Blumau und die burgenländische Therme Stegersbach, streicht die Bedeutung der "Kraftquellen" hervor: In seinen Häusern haben die abendlichen Veranstaltungen die hauseigenen Animatoren fast zur Gänze ersetzt. Neben der Tatsache, durch die angebotenen Programme das Angebot im Haus zu vergrößern, ist ihm auch der kommunikative Aspekt des Konzepts wichtig. "Auch wir möchten mit den "Kraftquellen" neue Wege aufzeigen und unseren Gästen sagen, dass es neben der körperlichen Fitness auch noch etwas anderes Wichtiges gibt. Der Geist, die Seele, ja die Menschlichkeit an und für sich sollen nicht vor die Hunde gehen." Auch Direktor Hackl sieht den Aufenthalt in der Therme als Zeit, die sich zum Nachdenken anbietet und, in der "die Sehnsucht nach den Grundwerten wach wird, weil die Menschen viel offener sind". Darüberhinaus ist es ihm auch wichtig, den eigenen Mitarbeitern die Chance zu geben, an den Veranstaltungen teilzunehmen. Sie sind für ihn - abgesehen von den oft von weit her angereisten Gästen - eine eigene Zielgruppe.

Heinz und Norbert Steigmüller mit ihren Ehefrauen sind zum Beispiel schon zum vierten Mal aus Deutschland nach Blumau gekommen, um hier einige Tage Urlaub zu machen. Sie haben sich das Programm der "Kraftquellen" im voraus zuschicken lassen, um ihren Aufenthalt zeitlich um die für sie interessanten Veranstaltungen zu planen. "Hier möchte und darf ich mir einen Vortrag anhören, zu Hause muss ich hin", sagt Norbert Steigmüller, Manager eines mittelständischen Unternehmens in Ulm. Und für seine Schwägerin Dagmar aus dem Bayerischen Wald "passt einfach alles wunderbar zusammen: die Architektur, das Fitnessangebot, die bewusste Ernährung - und eben auch die Angebote im Rahmen der "Kraftquellen".

Von nah und fern Neben den auswärtigen Urlaubsgästen und den Mitarbeitern der Thermen selbst möchten die Veranstalter vom Katholischen Bildungswerk aber auch die Bewohner der Region ansprechen. Maria Schweiner zum Beispiel aus dem südsteirischen Fehring war noch nie in der Therme Blumau. Sie ist vom Vortrag dieses Abends begeistert und hat sich einiges daraus "mit nach Hause genommen". Für einen Abstecher in die eigentliche Therme, zum ausgiebigen Baden hat es an diesem Tag nicht gereicht, aber das möchte sie mit ihrer Familie so bald als möglich nachholen.

Basisarbeit der Kirche Bei dieser Breite des Zielpublikums und der angebotenen Veranstaltungen: Hat sich je ein Besucher vor dem Veranstalter Katholisches Bildungswerk geschreckt? Ulrike Seifert lacht. Es gäbe zwar immer wieder Rückfragen, vor allem aber positive Verwunderung. Die Besucher des Programms der "Kraftquellen" gehören allen möglichen Religionen und Konfessionen an, und das Feedback über die "gute Basisarbeit der katholischen Kirche" sei durchwegs positiv: "Die christliche Botschaft ist von großer Qualität - wir müssen uns keineswegs schämen!"

Das Katholische Bildungswerk hat mit den "Kraftquellen" in den süd- und südoststeirischen Thermen insofern Pionierarbeit geleistet, als eine Fülle von Anbietern vor allem aus dem esoterischen Bereich an diesen Erfolg anschließen und die Offenheit der Menschen nutzen wollten. Die Thermenleitungen reagierten insofern, als es teilweise auch andere Veranstaltungen in ihren Häusern gibt, die Räume und das Personal zur Bewerbung, Vorbereitung, Betreuung und Nachbereitung aber ausschließlich dem Veranstalter Katholisches Bildungswerk kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Für diese Sachleistungen ist Ulrike Seifert auch sehr dankbar, denn die Finanzierung des Projekts ist keine leichte Sache. Das Budget kommt nur zu einem kleinen Teil aus Eintrittsgeldern. Die Hauptlast tragen das Katholische Bildungswerk und der Tourismusverband des Landes Steiermark.

Mit der Reihe "Kraftquellen" begibt sich die katholische Kirche auf Neuland: sie geht zu den Menschen in die Thermen. Dass sie dort nicht "baden geht", das beweist der Erfolg der Veranstaltungsreihe.

Informationen: "Kraftquellen" - Mag. Ulrike Seifert Tel./Fax: 03155/2587. E-Mail: kraftquellen@hotmail.com oder: Katholisches Bildungswerk, 8010 Graz, Bischofsplatz 4, Tel. 0316/8041-345 E-Mail: kbw@kath-kirche-graz.at. Internet: www.kath-kirche.at/graz/kbw

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