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Sinn und Sinnlichheit: schqffelweis' und unbegreiflich

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Thermen sind irgendwie „tren-dy": Das hat was mit Wohlfühlen zu tun, mit Entspannung, Gesundheit - kurz mit „bio" und „body". Kein Wunder daher, daß gerade das „Modell-Land" Steiermark auch das Thermenland ist. Nicht die ganze Steiermark ist eine einzige Therme, sondern viele Thermen laden den Steirer und die Steire-rin sowie die Gäste aus dem Rest der Welt zum Verweilen.

Am trendigsten - also am meisten „bio" und „body" - ist derzeit das im Juli eröffnete Schaffelbad in Ioipers-dorf. „Na, amüsieren Sie sich gut?", fragt der Prospekt spöttisch und keck zugleich. Der halbwegs auf der Höhe der Zeit befindliche potentielle Thermengast hört hier natürlich schon das Postmansche „Zu-Tode-amüsieren" mit und ahnt, daß es nun um eine „Umwertung aller (Thermen-)Werte gehen soll.

Tatsächlich hat man sich in Loipersdorf mit dem Schaffelbad ganz bewußt vom Action-Disney-Kitsch-Tourismus abgesetzt. Daß künstliche Erlebniswelten weltweit boomen, wie etwa der jüngste „trend" uns lehrt, das mag schon stimmen. Nur gibt es -wohl gerade deswegen - gleichzeitig ein immer stärkeres Bedürfnis nach Natur, Selbstfmdung, Ruhe. „Ohne Spektakel, aber mit Sinn", bringt es der schon zitierte Schaffel-Prospekt treffend auf den Punkt.

Sinn allein tut's freilich nicht: dem Thermengast soll er sich über die durch alle fünf Sinne vermittelte Sinnlichkeit erst so recht erschließen. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten - für das gesamte menschliche Sensorium hat man sich etwas einfallen lassen: bewußt eingesetztes Licht und Farben, Unterwasserklangerlebnisse, verströmende Gerüche lassen das ganzheitliche Konzept dieser Erholungsstätte erkennen: „Unsichtbar, unerhört, unaromatisch".

Wir dürfen, ja sollen auch wieder werden wie die Kinder: „Tapschen Sie alles an, was Sie möchten", fordern die Loipersdorfer Ideenspender die Gäste auf. Daß auf der rechten , Hälfte ebendieser Doppelseite eine ästhetisierte Großaufnahme weiblicher Rundungen plaziert ist, sollte kein Anlaß zu Mißverständnissen sein, steht doch in großen Lettern darüber „Unbegreiflich"...

Mit dem Schaffelbad hat man jedenfalls ganz offensichtlich einen Zug der Zeit erwischt. Daß es der einzige Zug ist, glaubt man auch in Loipersdorf nicht. Siegfried Feldbaumer, Geschäftsführer der Landesholding, in der Loipersdorf und Bad Radkersburg vereint sind, hält die Philosophie des Schaffelbads eher für eine Ergänzung zum bisherigen Angebot. Daneben braucht es aber auch die „große Therme" mit Acapulco-Becken und Wasserfall, mit Spiel & Spaß; und genauso die Badkersburger Oase für den eher traditionell orientierten Gast.

Doch schon zeigt sich am Horizont etwas, das zumindest kurzfristig die öffentliche Aufmerksamkeit von den Loipersdorfer Schaffein ablenken dürfte: das große Friedensreich des

Hundertwasser nimmt im Mai 1997 in Form der Therme Blumau erneut irdische Gestalt an. Das Konzept des von der Rogner-Gruppe betriebenen Projekts lautet wie der Name des Architekten. Eine Märchenwelt wird den Besucher umfangen, er wird sich in einer Landschaft wiederfinden, in der er ständig Neues entdecken kann.

Sowohl in Blumau als auch in Loipersdorf betont man freilich, daß man sich nicht als Konkurrenz betrachtet. Auf einen „starken Mitbewerber" freut sich Feldbaumer und erhofft sich davon auch einen höheren V>c-kanntheitsgrad (der Thermenregion insgesamt. Ganz ähnlich argumentiert der Blumauer Projektleiter Karl Berger. Eigentlich, so Berger finde der Wettkampf ja in viel größerem Bah-men: „AVir konkurrieren ja nicht mit Loipersdorf oder Waltersdorf, sondern mit der Dominikanischen Republik und anderen Überseezielen".

Ein Satz, so schlicht wie wahr: wie ein mit Wasser gefülltes Holzschaffel.

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